Stellungnahme des Hamburger Tierschutzvereins und der Hunde-Lobby

Gemeinsame Stellungnahme des Hamburger Tierschutzvereins und der Hunde-Lobby zum Bericht des Senats über die Anwendungen und Auswirkungen des Hundegesetzes
Der Gesundheitsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wird in seiner Sitzung vom 4. November 2008 (17.00 Uhr, im Großen Saal der Handwerkskammer Hamburg)  zum „Bericht des Senats gemäß § 26 des Hundegesetzes über dessen Anwendung und Auswirkungen“ eine Experten-Anhörung durchführen. Auch die Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins, Dr. Gabriele Waniorek-Goerke, und die Vorsitzende der Hunde-Lobby, Jule Thumser, wurden eingeladen.

Die beiden Vorsitzenden bedauern sehr, dass der Gesetzgeber offenbar nicht die Chance nutzen will, punktuell überschießende Tendenzen im damaligen Regelungswerk entsprechend den heutigen Erkenntnissen wieder zu beseitigen.
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes nicht erfüllt
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. März 2004 wurde der Gesetzgeber eindeutig aufgefordert, die Gefährdungslage, die durch das Halten von Hunden entstehen kann, und die Ursachen dafür weiter im Blick zu behalten und insbesondere das Beißverhalten der von § 2 Abs. 1 (1) Hundeverbringungs-Einfuhrgesetz erfassten Hunde künftig mehr noch als bisher zu überprüfen und zu bewerten. Wird dabei die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit dieser Hunde durch den Gesetzgeber nicht oder nicht vollen Umfangs bestätigt, wird er seine Regelung den neuen Erkenntnissen anpassen müssen. Angesichts der Tatsache, dass beispielsweise der Staffordshire Bullterrier in der vorgelegten Beißstatistik nicht auffällig geworden ist und dennoch nicht von der Liste gestrichen wird, werden die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes nicht erfüllt.

Beißstatistik belegt Ungefährlichkeit der Hamburger Hundepopulation
Laut der vorgelegten Beißstatistik kam es in der Zeit von 2004 bis zum 31.3.2008 zu insgesamt 217 Beißunfällen. Bei 41.750 registrierten Hunden, die täglich mindestens zweimal ausgeführt werden, ergeben sich 83.500 Spaziergänge am Tag oder 30.477.500 im Jahr. Mehr als 30 Mio. Mal im Jahr hätten Hamburgs Hunde Gelegenheit, einen Menschen oder einen anderen Hund zu verletzten. Tatsächlich kam es aber in mehr als vier Jahren lt. Senatspapier nur zu 217 Zwischenfällen, bei denen entweder ein Mensch oder ein Hund verletzt wurde. Verglichen mit anderen Gefahren des täglichen Lebens, ist es wahrscheinlicher, dass jemand beim Fensterputzen von der Leiter fällt, als von einem Hund gebissen zu werden.

Widerlegbar und unwiderlegbar gefährliche Hunde
Wissenschaftler und Kynologen sind sich einig darüber, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht von seiner Rasse abhängig ist. In Niedersachsen ist der Gesetzgeber dieser Einschätzung gefolgt. In Hamburg dagegen hält der Gesetzgeber an den Rasselisten fest und unterteilt die gelisteten Rassen zudem in widerlegbar und unwiderlegbar gefährlich. Bei den als widerlegbar gefährlich geltenden Rottweilern bezeichnet die Mitteilung des Senats den Wesenstest als probates Mittel, das zu weniger Beißunfällen mit Rottweilern und deren Mischlingen geführt haben soll. Was für den Rottweiler gilt, gilt auch für die Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pittbull Terrier und Staffordshire Bullterrier sowie deren Mischlinge. Daher fordern beide Vereine zumindest, dass zukünftig keine Hunderasse mehr als unwiderlegbar gefährlich eingestuft wird.

Als begründetes Interesse für die Anschaffung eines sog. gefährlichen Hundes sollte zukünftig auch die Aufnahme eines Hundes aus dem Tierheim anerkannt werden, um die Vermittlungschancen dieser Hunde deutlich zu verbessern. Derzeit sitzen 20 Hunde, die nach Gesetzeslage als „unwiderlegbar gefährlich“ gelten, in den Zwingern der Süderstraße und haben – trotz bestandenen Wesenstests – in Hamburg kaum eine Chance  auf Vermittlung.

Hundehalter beugen sich Sanktionen
Entgegen der Einschätzung des Senats werden die Auflagen des Hundegesetzes bis heute nicht akzeptiert, vielmehr beugen sich die Hundehalter lediglich den angedrohten Sanktionen.

Auslaufzonen
Zur Kompensation des generellen Leinenzwangs wurden wohnortnahe Auslaufzonen versprochen. Inzwischen gibt es zwar 116 Auslaufzonen, die ihrer Größe nach aber kaum Auslauf bieten. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten, karge und verschmutzte Flächen sind zumeist traurige Realität. In mehr als 40 der Hamburger Stadtteile suchen Hundehalter nach wie vor vergeblich nach einer Auslaufzone. Sämtliche Auslaufzonen sind zudem für Hunde, die als widerlegbar oder unwiderlegbar gefährlich gelten, tabu. Hier ist die Stadt gefordert, auch für Listenhunde adäquate Auslaufmöglichkeiten zu schaffen.

Leinenbefreiung
Entgegen den Erwartungen des Senats wurde bislang von nicht einmal der Hälfte aller Hundehalter eine Gehorsamsprüfung abgelegt und eine Leinenbefreiung beantragt. In diesem Zusammenhang wird vor allem die uneinheitliche Umsetzung der Globalrichtlinie in den Bezirken kritisiert. Das Argument, die Freigabe aller Wege, Pfade und Rasenflächen in öffentlichen Grünanlagen im gesamten Hamburger Stadtgebiet ließe sich aufgrund unterschiedlicher örtlicher Gegebenheiten nicht verwirklichen, ist nicht nachvollziehbar. Ein Hund, der auf öffentlichen Wegen und Plätzen ohne Leine geführt werden darf, wird auch in Grünanlagen nicht zur Gefahr oder Belästigung werden. Eine Freigabe aller Hamburger Grünanlagen für geprüfte Hund-/Haltergespanne sorgt nicht nur für eine Gleichbehandlung in den Bezirken, sondern wird – wie vom Gesetzgeber gewünscht – auch dazu führen, dass es zukünftig wesentlich mehr geprüfte Hund-/Haltergespanne geben wird.

Da für Junghunde unter einem Jahr vom Gesetzgeber keine Leinenbefreiung vorgesehen ist, von Welpen und Junghunden aber regelmäßig keine tatsächliche Gefahr ausgeht, sollten diese vom generellen Leinenzwang ausgenommen werden. Ein Junghund wird ohne Leine immer seiner vertrauten Bezugsperson folgen. Ein Hund, der dies während der Prägungs- und Sozialisierungsphase verinnerlicht hat, wird auch als erwachsener Hund stets zuverlässig abrufbar sein.

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