Zweifelhafte Ehre für Hamburger Tierschutzverein

Gesundheitssenator Jörg Dräger hat den Hamburger Tierschutzverein von 1841 am 14. September 2005 im Turmzimmer des Rathauses mit der Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes in Bronze ausgezeichnet. Der Verein habe sich stets für das leidende Tier eingesetzt und kümmere sich intensiv um tierschutzgerechte Haltung, meinte der Senator vor dem versammelten HTV-Vorstand und Vertretern der Hamburger Presse.

Karsten Broockmann (r), Hamburger Abendblatt, will von Wolfgang Poggendorf (l) wissen, was dran ist an den Vorwürfen der Chefin der Hamburger Tierärztekammer, Barbara Schöning.

Allen Erwartungen zum Trotz hatte es sich der ins Kreuzfeuer der Kritik geratene HTV-Geschäftsführer Wolfgang Poggendorf nicht nehmen lassen, ins Rathaus zu kommen. Bereits in der Halle wurde er von den wartenden Journalisten umringt, die ihn mit kritischen Fragen überhäuften. In wohl einstudierten Sätzen erklärte Poggendorf, dass er die Wesenstests nur aus Plausibilitätsgründen unterschrieben habe. Der HTV hätte rund 100 Hunde im Auftrag der Stadt – zumeist unter Schlechtwetterbedingungen – getestet. Gefragt nach den unterschiedlichen Ergebnissen der drei Wesenstests an Sugar, hatte er den wenig überzeugenden Vergleich mit der Führerscheinprüfung parat: „Fünf mal fällt man durch und beim sechsten Mal besteht man dann!“

Die Entscheidung für die Einschläferung von Hunden habe nie beim HTV gelegen, sondern immer bei der Rechtsabteilung der Hansestadt. Außerdem sei in der Süderstraße kein einziger Hund aufgrund eines negativen Tests eingeschläfert worden. Die Tests an Sugar hätten unter den Augen der Öffentlichkeit stattgefunden, dabei stehe man in der Verantwortung gegenüber den Bürgern. Zu den Vorwürfen der Kehlkopfverletzung bei Sugar, wollte er sich vor den laufenden Kameras des Hamburg Journals nicht äußern. Stattdessen stellte er die Frage: „Warum sollten wir Tests manipulieren? Das ist grotesk, Behauptungen von Leuten, die das gar nicht beurteilen können. Wir machen dort einen guten Job. Ich bin mir sicher, die Sache wird sich aufklären. Wir betreiben Tierschutz im Sinne der Hansestadt und der herrenlosen Tiere! Und unsere Mitglieder stehen hinter uns!“

Das war einer anwesenden Hunde-Lobbyistin, die seit Jahren Mitglied im HTV ist, dann doch zu viel und sie sagte für alle Journalisten vernehmbar: „Aber nicht alle!“

Die Einschätzung von Hamburgs vermeintlich obersten Tierschützers zu den unterschiedlichen Testverfahren machte erneut deutlich, welch verzerrte Sicht der Dinge der HTV-Geschäftsführer, der übrigens ein monatliches Gehalt von rund 6.000 Euro bezieht, zu haben scheint: „Zu den unterschiedlichen Testverfahren gibt es eine Auseinandersetzung zwischen Frau Dr. Barbara Schöning und Frau Dr. Dorit Feddersen-Petersen“, so Poggendorf, „und wir sind da zwischen die Steine geraten!“

Die anschließende Ehrung im Turmzimmer des Rathauses verlief wenig spektakulär. Rede vom Senator, Dankrede von HTV-Schatzmeister Manfred Elsen (in Vertretung des verhinderten Vorstandsvorsitzenden), Blitzlichtgewitter von den Journalisten. Gefragt nach den Vorwürfen gegen den HTV-Geschäftsführer antwortete der parteilose Gesundheitssenator: „Sie wissen doch, wer solche Dinge schreibt! Ich bekomme täglich hunderte E-Mails von solchen Leuten!“ Ja und weiter wollte er sich zu dem Thema nicht äußern.

Noch steht der HTV-Vorstand hinter dem Geschäftsführer.

v.l.n.r.: Karin Klinkradt, Wolfgang Poggendorf, Manfred Elsen, Senator Jörg Dräger, Dr. Christine Kimpfel-Neumaier, Kirsten Wechel und Dieter Christiansen

War das der richtige Zeitpunkt, Herr Senator?

Hamburgs Tierfreunde sind derweil fassungslos und stellen sich die Frage, wie ein Senator der Freien und Hansestadt Hamburg dazu kommen kann, einen Verein zu ehren, gegen dessen Geschäftsführer der Staatsanwalt – wegen dubioser Vorgänge bei der Annahme eines Fundhundes – ermittelt und gegen den inzwischen gleich zwei Strafanzeigen – im Zusammenhang mit den in der Süderstraße durchgeführten Wesenstests – laufen.

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