Maja – Stationen des Leidens und die Hoffnung auf ein Hundeleben ohne Qual

Man munkelte schon immer in der Nachbarschaft des Mannes, der eine Hündin nach der anderen ins Haus nahm und angeblich jedes Mal wieder abgab. Nach außen wohl situiert in einem großzügigen Einfamilienhaus lebend war er bekannt als der eigenen Familie gegenüber gewalttätig, gefürchtet von den Nachbarn. In dieses Umfeld gelangte Maja, eine schöne schwarze Schäferhündin mit freundlichem Wesen, abgegeben wegen eines Todesfalles. Sie hatte vorher drei glückliche Jahre lang ein gutes Zuhause bei einem älteren Ehepaar.

Aus diesem Hund wurde nach und nach schon rein äußerlich ein Bild des Jammers. Keine Gelegenheit zur Flucht ließ Maja aus, wurde aber immer wieder von den Fundbehörden auf Grund ihrer Hundemarke identifiziert und zurückgebracht. Die Gewalttätigkeiten des Mannes gegenüber der eigenen Familie und der Nachbarschaft nahmen zu, Polizeieinsätze folgten in immer kürzeren Abständen. Dann wurde ein Nachbar Zeuge, wie die Schäferhündin nicht nur geschlagen sondern aufs Brutalste missbraucht wurde. Er vertraute sich dem Tierschutz an, war aber aus Angst zu keiner öffentlichen Aussage bereit.

Die anwaltliche Beratung ergab, dass der sexuelle Missbrauch von Tieren in Deutschland strafrechtlich nicht verfolgt wird. Versuche durch Strohmänner die Hündin herauszukaufen, scheiterten, da es dem Mann an Geld nicht mangelte. Wir bebten vor ungeheurer Wut und hätten am liebsten den Weg des Rechts verlassen um diesem Unhold einen Denkzettel zu verpassen oder ihm gar Schlimmeres anzutun. Unsere Gedanken kreisten nur immer und immer wieder um Maja und wie wir das Tier befreien könnten. So vergingen die Wochen, aber dann bot sich endlich die Chance zu Majas Rettung!

Eines Tages hörten die Nachbarn den Hund so schreien wie sie noch niemals zuvor ein Tier hatten schreien hören. Sie alarmierten die Polizei und während des Polizeieinsatzes gelang Maja die Flucht. Diesmal konnte sie von uns eingefangen werden. Wir stellten die aus dem Genitalbereich blutende Hündin in einer weiter entfernten Tierklinik als Fundtier vor. Der dortige Tierarzt diagnostizierte Blut in der Bauchhöhle und einen schweren Schock, tippte auf einen Unfall. Maja kam sofort in eine Pflegestelle, weit entfernt vom Ort des Geschehens. Die Blutungen hörten auf und die Panik verschwand nach und nach aus den Augen, die aber zwischendurch immer wieder wie tot wirkten. Tiefe Männerstimmen lösten bei ihr sofortiges Fluchtverhalten aus. So blieb Maja in einem reinen Frauenhaushalt und kam ganz langsam zur Ruhe. Nachts hörte man sie lange im Schlaf wimmern und sah, dass sie wie Espenlaub zitterte.

Aus der Nachbarschaft des Tierquälers hörten wir, dass der Mann Maja suchte und überall Zettel ausgehängt hatte. Er wollte die Hündin unbedingt zurück haben. Wir trauten uns in keine Tierklinik in der Nähe, sondern fuhren weiter weg zu einer Tierärztin, der wir uns anvertrauten. Dort blieb Maja mehrere Wochen stationär und wurde, nachdem sie etwas an Gewicht zugenommen hatte, wegen ihrer immer wieder auftretenden Gebärmuttervereiterung kastriert.

Maja entwickelte eine innige Beziehung zu ihrer Betreuerin und begann sogar mit dem Ball zu spielen. Die Schmerzempfindlichkeit an Rücken und Hinterhand blieb jedoch bestehen. Mittlerweile hatte ich unseren Vereinsmitgliedern und Freunden von  Majas Schicksal geschrieben und erlebte eine Welle des Mitgefühls, verbunden mit einer großen Spendenbereitschaft. Man nahm Anteil an dem Leid der Hündin, konnte und wollte es aber im Grunde nicht glauben, dass so etwas in unserem Lande möglich ist. In zahlreichen Telefonaten brachten betroffene Menschen ihre Wut und ihr Entsetzen zum Ausdruck.

Der Schock kam, als wir über den Übertäter erfuhren, dass dieser ab jetzt und auf weiteres „verhandlungsunfähig“ sei. Ein Strafverfahren zumindest wegen Tierquälerei würde es also nie geben. Sollten Maja und all die anderen Tieren, die so entsetzlich unter dem Mann und seinen für jeden normalen Menschen  unvorstellbaren Praktiken gelitten hatten, denn kein Recht finden? Die Antwort lag auf der Hand: Majas Peiniger, der in unserer Gesellschaft viel Schutz genießt und das nicht nur, weil er aus „geordneten“ Verhältnissen stammt, wird sich wahrscheinlich irgendwann wieder eine Hündin suchen. Auch wenn  wir mit Hilfe der Nachbarn sein Tun beobachten, werden wir nicht so gut aufpassen können um neuerliches Tierleid zu verhindern. Auch haben wir als Tierschutzverein nicht die finanziellen Mittel, jeden Hund, der an den Mann verschenkt wird, herauszukaufen. Wir wollen aber Mahner bleiben und dafür kämpfen, dass wenigstens Maja ein Leben ohne menschliche Übergriffe führen kann.

Nach ihrer letzten Operation (Cauda equina) und physiotherapeutischer Behandlungen hoffen wir, dass die Hündin nun auch innerlich zur Ruhe kommt und irgendwann ein lebenswertes Dasein in liebevoller Umgebung führen kann. Von unserem Rechtsstaat erwarten wir, dass der sexuelle Missbrauch von Tieren eines Tages wieder unter Strafe gestellt wird.

Zur Autorin:
Bärbel Lohmann wurde am 10. Dezember 1947 in Goslar geboren, hat zwei Söhne und eine Tochter und lebt in Surwold. Nach einem Studium an der Pädagogischen Hochschule in Hildesheim war sie von 1975 bis 2004 Grund- und Hauptschullehrerin in Papenburg. Seit 1983 engagiert sie sich ehrenamtlich für den Tierschutz und ist heute 1. Vorsitzende der „Tierhilfe Papenburg u.U. e.V.“, Internet: www.tierhilfe-papenburg.de

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