Am 13. Oktober 2006 kam eine Frau – recht betagt, ziemlich unbeweglich – zu Hundetrainer Bernd G. und wollte sich zum Training mit ihrem Staffordshire Terrierwelpen Chico anmelden. Beiläufig erzählte sie ihm, dass sie den Kleinen von einem Mann auf der Straße geschenkt bekommen habe. B. wies sie auf die Rasse des Hundes und die Gesetzeslage in Hamburg hin und zeigte ihr einen entsprechenden ausgewachsenen Hund. So groß und kräftig hatte sie sich den Hund nicht vorgestellt, und so packte sie ihren Kleinen schnell wieder ein und ging. B. machte sich fortan große Sorgen, weil er befürchtete, dass der kleine Rüde jetzt im Tierheim Süderstraße abgegeben würde.
Da er weder Telefonnummer noch Adresse der Frau kannte, rief er täglich beim Hamburger Tierschutzverein (HTV) an und erfuhr am 17. Oktober 2006, dass der Hund tatsächlich abgegeben worden war. Am nächsten Tag ging er ins Tierheim, wo er erfuhr, dass der Jungrüde noch nicht zur Vermittlung freigegeben sei. Der Hund müsse bis zu seinem 15. Lebensmonat im Tierheim verbleiben, denn er gehöre zu den Rassen, die einen Wesenstest ablegen müssten. Man muss kein Kynologe sein um zu wissen, dass ein junger Hund in seiner Sozialisierungssphase niemals so lange ohne Kontakt zu Artgenossen und Umweltreizen hinter Gittern sitzen darf.
Der gemeinnützige Verein „Ein Herz für Hunde“ wurde über diese Art von „Tierschutz“ informiert und Kersti W. telefonierte sich am 18. Oktober 2006 durch die Behörden und Veterinärämter und bekam mit Harald Pelger in der Hamburger Gesundheitsbehörde endlich einen Verantwortlichen ans Telefon. Pelger war wie sie der Meinung, dass ein Welpe unmöglich bis zum 15. Lebensmonat einsitzen dürfe und versprach, den Hund unverzüglich freizugeben. Am nächsten Tag teilte er Kersti W. mit, dass der Kleine ab sofort vermittelt werden könne und gab dem HTV ihre Telefonnummer, weil sie einen neuen Halter wusste.
Diesen gab es wirklich, denn bereits seit dem 17. Oktober 2006 hatten die Vereinsmitglieder fieberhaft nach einem neuen Halter für den Hund in Niedersachsen gesucht und endlich Maik K. gefunden, der sich bereit erklärte, dem Kleinen bei seinen zwei ältlichen AmStaffs ein neues Zuhause zu geben. Ein denkbar schönes Zuhause mit einem 9.000 qm großen, eingezäunten Grundstück, auf dem wahrlich genug Platz für drei Hunde ist. Maik K. wollte dem Hund einen langen Tierheim-Aufenthalt ersparen und fuhr noch am 20. Oktober 2006 nachmittags im Feierabendverkehr von Niedersachsen ins Tierheim in der Süderstraße. Dort erfuhr er von einer Pflegerin, dass der Hund nicht freigegeben sei und begründete dies wieder mit dem Wesenstest, der erst nach dem 15. Monat gemacht werden könne.
Am darauf folgenden Montag rief Kersti W. erneut bei Harald Pelger an, der seine Auskunft vom 19. Oktober 2006 wiederholte und versprach, HTV-Chef Poggendorf zu kontaktieren. Maik K. rief erneut in der Süderstraße an und bekam einen Termin, bei dem er den Hund zum ersten Mal sehen und mit ihm spielen durfte. Eine Büroangestellte des HTV, bei der er ein Formular ausfüllen sollte (bei Rasse des Hundes wurde er angewiesen „Kampfhund“ einzutragen), erklärte ihm, dass er zunächst mit seinen beiden Hunden erscheinen müsse, um das Wesen der Hunde zu begutachten. Das lehnte Maik K. entschieden ab, weil seine Hunde nie zuvor einen Maulkorb getragen hätten und sich möglicherweise anders als sonst verhalten würden. Da aber in Hamburg der Maulkorb für AmStaffs vorgeschrieben ist, bot er an, rückwärts an das Tierheim heran zu fahren, damit seine Hunde nicht die Straße überqueren müssten und somit auf den Maulkorb verzichten könnten. Aber der Vorschlag wurde abgelehnt und so fuhr Maik K. unverrichteter Dinge wieder nach Hause.
In einem neuerlichen Telefonat bat Maik K. darum, ihn und seine Hunde bei sich zu Hause oder auf einem Hundeplatz einzuschätzen. Doch ihm wurde bedeutet, dass der Inspektor Feuerstake leider bis auf weiteres keine Zeit habe. Die Tage verstrichen, bis am 30. Oktober 2006 um die Mittagszeit ein Anruf aus der Süderstraße kam und Maik K. erklärt wurde, dass bei ihm noch am selben Nachmittag eine Vorkontrolle vom Tierheim Buchholz gemacht werden würde und er den Hund am kommenden Morgen um 8.00 Uhr abholen könne. Den Nachmittagstermin nahm er gern an und die Buchholzer hatten auch nichts auszusetzen. Allerdings konnte er den Abholungstermin wegen eines unverschiebbaren Behördentermins nicht wahrnehmen, weshalb er darum bat, am Nachmittag kommen zu dürfen. Barsch wurde ihm bedeutet, dass er den Hund entweder morgens um 8.00 Uhr abholen könne oder er ihn gar nicht bekomme. Denn jemand anderes würde später von weit her kommen, um den Hund zu holen.
Ob der Hund am kommenden Morgen gebracht oder geholt wurde, ist unklar. Fakt ist aber, dass Chico nicht etwa in eine Familie vermittelt wurde, sondern in einem Zwinger des Deutschen Wach- und Schutzhundservice landete – einer in privater Hand befindlichen Firma. (www.wachschutzhunde.de).
Die Recherchen des Vereins „Ein Herz für Hunde“ brachten folgendes zutage: Bereits bei der Auflösung der Harburger Halle in Hamburg waren ca. 18 Hunde an dieses Unternehmen abgegeben worden. Über den Verbleib dieser Hunde kann nur spekuliert werden. Laut Aussagen einer ehemaligen Mitarbeiterin sollen neun dieser Hunde an einen italienischen Wachschutz veräußert worden sein, einer verstarb und der Rest ist ungeklärt. Da angeblich vom deutschen Tierschutzbund Hunde der Harburger Halle nur an Tierheime, die dem Dachverband angegliedert waren, abgegeben worden sein sollen, stand oder steht noch immer zu befürchten, dass ein Tierheim aus dem Landkreis Niederbarnim den damaligen Vertrag machte. Dieses Tierheim hat in den letzten Jahren Kategorie 1 Hunde nur durch Weitergabe an andere spezialisierte Tierschutzvereine abgegeben, da auch für sie im Land Brandenburg ein Vermittlungsverbot besteht.
In diesem Monat wurden vom HTV wiederum 17 Hunde an den Wach- und Schutzhundservice in Brandenburg abgegeben. Unerklärlich ist was Herr Köhler mit diesen Kategorie 1 Hunden in Brandenburg vorhat? In diesem Bundesland dürfen die Hunde nicht vermittelt werden. Welchen Sinn soll es machen, Hunde, die dem Deutschen Tierschutzbund anvertraut wurden, in ein Bundesland zu deportieren, wo sie gesetzlich keine Chance auf Weitervermittlung haben und wofür bezahlt das Hamburger Tierheim noch eine saftige Pauschale an Herrn Köhler. Was hat man mit diesen Hunden vor, warum wurden wie jetzt nur junge Tiere ausgewählt? Abgesehen davon wird es hart für diese Hunde werden, die Anlage dort hat ungeheizte Zwinger, für kurzhaarige Rassen im Winter ein Desaster. Oder müssen sie gar nicht frieren, weil sie schon weiter vermittelt wurden oder schon im Hundehimmel sind? Wer kontrolliert glaubhaft und belegt, wohin diese Hunde verschwinden? Wer will das überhaupt wissen? Der Deutsche Tierschutzbund? Wohl kaum! Tierschützerin Christine P. kennt die Zustände vor Ort und versucht seit längerem diese Verschiebepraxis in fragliche Unterbringungen und aus fraglichen Beweggründen zu unterbinden.
Aber zurück zu dem kleinen Chico: Am 3. November 2006 fotografierte ein Brandenburger Tierschützer, der nicht genannt werden will, die neuen Hunde aus Hamburg, um einige in Pflegefamilien unterzubringen. Chico, den jüngsten der Gefängnisinsassen, nahm er sofort mit und konnte ihn unterbringen. Diese schöne Nachricht erreichte den Verein „Ein Herz für Hunde“ am 12. November 2006 nach tagelangen Aufrufen im Internet und zahlreichen Telefonaten. Nun sitzen dort noch 16 weitere Hunde aus Hamburg – und nur die wenigsten sind älter als anderthalb Jahre.
Die geschilderten Ereignisse wurden sorgfältig recherchiert, offene Fragen aber bleiben. Warum hat Wolfgang Poggendorf den Hund nicht an den Interessenten aus Niedersachsen vermittelt? Warum werden junge Hunde bis zum 15. Monat im Tierheim festgehalten und nicht vermittelt? Warum müssen Bewerber in das Formular die Rasse „Kampfhund“ eintragen (Inspektor Feuerstake bekräftigte die Frage von Maik K., dass es so üblich sei)? Warum verschiebt der HTV-Chef regelmäßig Hunde in ein Bundesland, wo nicht der Hauch einer Vermittlungschance besteht? Warum werden Hunde in andere Tierheime gekarrt, wo bedeutend schlechtere Haltungsbedingungen als in der Süderstraße herrschen?