Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg

Bekanntermaßen wurde die Verfassungsbeschwerde gegen das Hamburger Hundegesetz (HmbHundeG) nicht zur Entscheidung angenommen. Das BVerfG hat die Zurückweisung der Klage, in die wir alle soviel Hoffnung gesteckt haben, nicht begründet. Über den Grund, den das BVerfG letztlich zu dieser Entscheidung bewogen hat, kann also nur spekuliert werden. Naheliegend ist entweder eine vorschnelle Entscheidung aufgrund der enormen Arbeitsüberlastung oder die Vermutung, dass das BVerfG die Erschöpfung des Rechtswegs für zumutbar hält. Ob das BVerfG die Konsequenzen dieser Einschätzung für unsere Hunde und uns sieht, darf jedoch bezweifelt werden. Denn eines ist doch klar: Wir alle bekommen die Auswirkungen und Nachteile des HmbHundeG zu spüren. Wenn das BVerfG keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung einer Verfassungsbeschwerde gegen das HmbHundeG sieht, keine unabwendbaren Nachteile für uns und unsere Hunde erkennt und eine Vorabentscheidung abweist, dann klagen wir halt enttäuscht, aber umso zorniger und entschlossener vor dem Verwaltungsgericht! Die Hoffnungen waren groß, die Chancen klein. Die Hamburger Hunde-Lobby hat das früh erkannt und deshalb präventiv eine weitere prozessuale Möglichkeit zur Beseitigung verschiedener Punkte gegen das HmbHundeG genutzt: Die Verwaltungsgerichtsklage!

Wer klagt?

Die Hunde-Lobby ist ein eingetragener Verein. Grundsätzlich können Vereine klagen oder auch verklagt werden, da sie als juristische Personen des Privatrechts rechtsfähig sind. Hundehalter werden durch das Hamburger Hundegesetz in Ihren Freiheitsrechten eingeschränkt. Diese Freiheitsrechte sind von Ihrer Natur her so geschaffen, dass sie nur ein Mensch haben kann. Die Hunde-Lobby kann keine Rechte einklagen, deren Träger sie nicht ist. Wir sind in unserem Kampf gegen das HmbHundeG also auf Hundehalter angewiesen, die stellvertretend für uns alle Ihre Rechte vor den Gerichten einklagen. Für die Hunde-Lobby und damit für Hamburgs Hunde, kämpft die Halterin eines Cocker/Yorkshire Terrier-Mix an der Seite von Prof. Dr. Schwemer, dessen Kompetenz auch nach der Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde durch das BVerfG unstrittig ist.

Wogegen wird geklagt?

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht (VerwG) greift konkret folgende Punkte des HmbHundeG an:

Punkt 1: Die Chip-Pflicht
§ 11 Abs. 1 HmbHundeG verpflichtet Hamburgs Hundehalter, Ihren Hund durch Einpflanzen eines Transponders zu kennzeichnen. Viele Hundehalter möchten Ihren Hund nicht chippen lassen. Die meisten, die sich hinsichtlich der Chippflicht an die Hunde-Lobby gewandt haben, haben Angst, der Chip könnte auch bei Ihrem Hund z. B. in den empfindlichen Halswirbelbereich wandern. Andere empfinden eine Kennzeichnung am Halsband oder die oftmals vorhandene Tätowierung im Ohr berechtigterweise als vollkommen ausreichend. Fakt ist, es gibt eine Vielzahl guter Gründe, warum man den Halter selbst entscheiden lassen sollte, ob er seinem Hund einen Mikrochip unter die Haut setzen lassen will oder nicht.
§ 90a BGB regelt, dass Tiere zwar keine Sachen sind, man sie jedoch rechtlich wie Sachen zu behandeln hat. Daraus folgt, dass Hunde vor dem Gesetz den Status von Eigentum haben. Die Chippflicht ist also eine Verpflichtung, das Eigentum zu beschädigen. Eine „Beschädigung“ an unserem „Eigentum“ Hund muss dabei grds. verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Wenn der Senat zur Sicherung des Wohls der Allgemeinheit ein Gesetz schafft, dass in den Schutzbereich des Art. 14 GG eingreift, muss der Gesetzgeber den Interessen des Eigentümers als auch den öffentlichen Interessen gerecht werden. Es ist schon allein fraglich, ob die Chippflicht vom Gesetzgeber tatsächlich zur Abwehr von Gefahren normiert wurde. Die Zuordnung herrenloser Hunde, Durchsetzung der Hundesteuerpflicht und Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen wird durch die Chippflicht erleichtert. Man erreicht aber sicher keine gerechtfertigte Abwehr von Gefahren, indem man jeden Hund chippen lässt. Doch selbst wenn man dem Gesetzgeber die Intention Schutz vor Gefahren für die Allgemeinheit zugesteht, ist die Verpflichtung, jedem Hund einen Transponder unter die Haut zu pflanzen, unverhältnismäßig. Jeder Halter ist gemäß § 11 Abs. 2 HmbHundeG dazu verpflichtet, seinem Hund in der Öffentlichkeit ein Halsband oder Geschirr anzulegen. Eine Kennzeichnung am Halsband wäre weitaus milder, würde aber im gleichen Umfang vor Gefahren schützen und im ausreichenden Maß die anderen Motive des Senates hinsichtlich der Chippflicht bedienen. Die fast 40.000 Hunde Hamburgs sind keine Gefahr für die Allgemeinheit und verursachen, wenn überhaupt, lediglich Belästigungen durch z. B. gelegentliches Bellen. Trotzdem müssen alle diese Hunde ab dem vollendeten sechsten Lebensmonat einen Chip implantiert bekommen. Jede dieser Implantation ist mit gesundheitlichen Risiken und natürlich auch mit Kosten verbunden. Jeder Halter sollte selbst entscheiden dürfen, ob er seinen Hund chippen möchte oder auch nicht.

Die Chippflicht greift aus Sicht der Hunde-Lobby unverhältnismäßig hoch in die Rechte der Hundehalter ein.

Punkt 2: Mitteilungspflichten
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 HmbHundG hat jeder Hundehalter eine Reihe von Mitteilungspflichten zu erfüllen. In unseren Grundrechten ist ein allgemeines Persönlichkeitsrecht normiert, das auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1). Jeder, also auch jeder Hundehalter, soll grds. selbst entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Natürlich darf der Staat unter bestimmten Umständen und unter Einhaltung bestimmter Grundsätze personenbezogene Daten sammeln und verwenden. Diese Grundsätze hält das HmbHundeG aber eben nicht ein. Ein Gesetz, das den Bürger zur Abgabe von personenbezogenen Daten zwingt, muss nämlich den Zweck der Datensammlung spezifisch und äußerst präzise formulieren. Die Verwendung und die Verarbeitung der Daten muss außerdem erforderlich und geeignet sein für den bestimmten Zweck. Laut § 24 Abs. 2 HmbHundeG soll das Register den statistischen Auswertungen und die Zuordnung von entlaufenen und herrenlosen Hunden dienen. Viel mehr Angaben liefert das HmbHundeG über die Datenverarbeitung nicht, z. B. fehlen einschränkende Vorschriften über die Datenverarbeitung.
Viele haben sich schon an die Hunde-Lobby gewandt und berechtigte Fragen zum Hunde- Gesetz und zum zentrale Hunderegister gestellt: Wo fängt die Datenverarbeitung an und wo hört sie auf? Welche Vorkehrungen zum Schutz meiner Daten werden gemacht? Werden überhaupt Vorkehrungen zum Schutz meiner Daten gemacht? Wie lange werden meine Daten von der Behörde gespeichert? Nach wie vielen Jahren werden z. B. die Angaben zu einem harmlosen Beißvorfall gelöscht oder werden sie überhaupt nicht gelöscht? An wen werden meine Daten weitergegeben? Die Hunde-Lobby kann diese Fragen nicht beantworten, weil das HmbHundeG darüber keine Auskunft gibt. Ein Zustand, der so nicht tragbar und verfassungswidrig ist. Wenn Daten von Hundehaltern und deren Hunden von der Stadt gesammelt werden, müssen die Grenzen dafür, Schutzvorkehrungen, Aufklärungs-, Auskunfts- und Löschungspflichten präzise und verständlich normiert werden. Die Gefahren der Zweckentfremdung und das berechtigte Interesse am Verbleib von persönlichen Daten rechtfertigt im Zeitalter der automatisierten Datenverarbeitung eine Klage.

Punkt 3: Anleinpflicht
In der Öffentlichkeit müssen gemäß § 8 Abs. 1 HmbHundeG alle Hunde an die Leine und damit auch die Halter. Weitläufig bekannt dürfte inzwischen sein, dass die hochgelobte Gehorsamsprüfung in vier von sieben Bezirken Hamburgs praktisch keinen Wert hat. Viele Grünflächen sind auch mit Hundeführerschein tabu und der Freilauf an Straßen kann nicht mal annähernd als Alternative verstanden werden. Was viele noch immer nicht wissen: Auch mit bestandener Gehorsamsprüfung darf man an Straßen seinen Hund nicht überall ableinen. Bei öffentlichen Versammlungen, in Haupteinkaufsbereichen und an anderen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr und in der Nähe von Schulen, Spielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen sind Hunde immer anzuleinen! Der Gesetzgeber zwingt Hundehalter, die Ihren Hund ohne Leine laufen lassen möchten, den Gehorsam Ihrer Hunde nachzuweisen. Warum wird ein Hund, der seinen Gehorsam bewiesen hat, in der Nähe einer Schule aus Sicht des Gesetzgebers „wieder“ gefährlich? Warum müssen Hundehalter zu Uhrzeiten, in denen jedes schulpflichtige Kind längst im Bett liegen sollte, ihren Hund an Schulen wieder anleinen? Warum muss man dem Hund ein Halsband oder Brustgeschirr umlegen, wenn sich der Hund im umfriedeten Besitztum oder in einer Wohnung Dritter befindet und deren jeweiliger Inhaber mit dem uneingeschränkten Zutritt des Hundes ohne Halsband einverstanden ist? Man darf seine Kinder nicht mehr mit dem gut sozialisierten jahrelangen Familienhund spazieren gehen lassen, sofern diese nicht 100% körperlich und geistig in der Lage sind, den Hund sicher an der Leine zu halten. Man kann auch nicht mehr einen der jahrelangen Nachbarn, die immer – wenn Not am Mann war – mit „Waldi“ eine Runde unkompliziert ohne Leine spazieren gegangen sind, weiterhin Gassi gehen lassen, weil jeder „Hundesitter“ den „Hundeführerschein“ machen müsste. Der Gesetzgeber verlangt sogar, dass Hunde, die mehrfach andere Hunde angebellt haben, immer an einer max. 2 m langen Leine laufen. Die Zahl derer, die ernsthaft behaupten, ihr Hund hätte im Laufe seines Lebens niemals andere Hunde aus Angst, vor Aufregung, voll Freude oder im Spiel durch Bellen „belästigt“, dürfte nicht sehr hoch sein…

Es gibt eine Vielzahl von Fallbeispielen, die eine Klage gegen die Anleinpflicht rechtfertigen. Für viele ist aber einer der Hauptgründe, die Hunde-Lobby in Ihrem Kampf gegen das HmbHundeG zu unterstützen, die Angst vor den angedrohten Sanktionen bei Verstößen gegen das HmbHundeG. Wenn ein Halter gegen die Pflichten des Hundegesetzes verstößt, kann ihm die Haltung seines Hundes (§ 23 Abs. 3 HmbHundeG) und das Führen anderer Hunde (§ 23 Abs. 4 HmbHundeG) unbefristet untersagt werden! Die Behörde kann Hunde, deren Halter mehrfach gegen die Anleinpflicht verstoßen haben, sicherstellen (§ 23 Abs. 9 HmbHundeG)! oder einziehen (§ 23 Abs. 10 HmbHundeG)! Wer mehrfach gegen die Anleinpflicht verstößt, dem kann sogar die zukünftige Haltung und Führung von Hunden verboten werden (§ 23 Abs. 5 HmbHundeG)!! Es können aber auch saftige Geldbußen bis zu einem Betrag von 50000 € ausgesprochen werden!

Macht man sich diese möglichen „Strafen“ bewusst, wird einem erst richtig deutlich, dass das Hundegesetz weit mehr regelt, als das Leben von Hunden. Der Gesetzgeber greift nicht nur ins Portmonee, sondern auch wesentlich in das Leben und den Alltag von Hundehaltern. Grundsätzlich ist jede Handlung und jedes Unterlassen durch Freiheitsgrundrechte geschützt. Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG schützt unser Interesse, unseren Hund nicht anzuleinen. Das HmbHundeG beeinträchtigt erheblich unser Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit. Dieses Grundrecht hat zugegebener Maßen einen sehr weiten Schutzbereich und viele andere Gesetze greifen ebenso in dieses Freiheitsrecht ein. Der eklatante Unterschied zu diesen Gesetzen und dem HmbHundeG ist, dass das HmbHundeG nicht im Einklang mit unserer Verfassung steht.

Der Gesetzgeber hat die allgemeine Anleinpflicht normiert, um der von den Medien geschürten Angst in Teilen der Bevölkerung vor Hunden Rechnung zu tragen. Tatsächlich verursachen Hunde, die ohne Leine herumtollen, keine Gefahren, sondern allenfalls gelegentliche Belästigungen. Wenn der Gesetzgeber sich veranlasst sieht, zum Schutz der öffentlichen Sicherheit zu handeln, sollte er seinen Handlungsbedarf mit Statistiken und ähnlichem Zahlenmaterial belegen. Der Gesetzgeber hat dies jedoch versäumt. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber übersehen hat, dass manche Hunde bei nicht artgerechter Haltung erst zur Gefahr werden. Ein Hundeleben an der Leine ist nicht artgerecht. Eine Anleinpflicht eignet sich also gar nicht zur Gefahrenabwehr.

Das HmbHundeG ermöglicht eine Befreiung von der Anleinpflicht. Wie unschön die Vorteile dieser sind, ist oben schon angesprochen worden. Rein rechtlich ist die grundsätzliche Anleinpflicht, die nur mit einer Gehorsamprüfung teilweise wieder aufgehoben werden kann, noch anders zu bewerten.

Der Gesetzgeber ist bei der Wahl seiner Mittel an das Mildeste gebunden, welches den gleichen Erfolg mit der gleichen Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand herbeiführen würde. Denkbar sind viele Konstellationen, die uns Hundehalter weniger in unserer Freiheit eingeschnitten hätten und trotzdem bessere Ergebnisse erzielt hätten. Möglich wäre z. B. ein Leinenzwang für gefahrengeneigte örtliche Bereiche anstelle einer so umfassenden Regelung. Die Vorteile dafür liegen auf der Hand: Mehr Freiheit für Hund und Halter, weniger belastende Maßnahmen, kein Bedarf für die aufwändigen Gehorsamsprüfungen (fünfköpfige Familie mit zwei Hunden = 10 aufwändige Prüfungsverfahren), weniger Verwaltungsaufwand für die Behörde und der Gesetzgeber würde aus seiner Sicht Gefahren vorbeugen. Weniger belastend wäre es auch, den Leinenzwang erst obligatorisch zu machen, wenn ein Hund durch Belästigungen auffällig geworden ist. Aus dieser Überlegung folgt eindeutig, dass der Gesetzgeber nicht das mildeste Mittel gewählt hat.

Wir alle sind hart von der neu eingeführten Anleinpflicht und ihren möglichen Sanktionen betroffen und werden für das Versäumnis der Stadt, die Hamburger Hundeverordnung 2000 zu vollziehen und durchzusetzen, bestraft. Der Gesetzgeber versucht nun auf Kosten unserer Grundrechte möglichen Belästigungen im Vorfeld entgegenzuwirken. Die allgemeine Anleinpflicht greift aus Sicht der Hunde- Lobby in verfassungswidriger Form in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) von Hundehaltern ein.

Wie geht es weiter? Was können Sie machen?

Mit dieser Klage begehrt die Hunde-Lobby die gerichtliche Feststellung, dass das HmbHundeG in den genannten Punkten verfassungswidrig ist. Wohin und durch welche Instanzen uns diese Klage führt, wird sich zeigen. Dies ist sicher nicht die letzte Klage. Die Hunde-Lobby ist sich Ihrer Verantwortung bewusst und unterstützt deshalb nur Klagen mit Aussicht auf Erfolg. Um das auch weiterhin zum Wohle unser aller Hunde machen zu können, sind wir letztlich auch auf Ihre Unterstützung angewiesen. Wir sind für jede Hilfe dankbar.

Die Hoffnungen der Hamburger Hundehalter richten sich jetzt auf die Einsicht, das Verständnis und das Herz Hamburger Richter.

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