Nachdem der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Heinrich Langspecht, bereits am 10. Juni 2009 zu den Protesten der Hunde-Lobby Stellung genommen hatte, liegen nun auch Antworten aus der Niedersächsischen Staatskanzlei, aus dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung sowie vom Vorsitzenden der Niedersächsischen FDP, Jörg Bode, vor.
Ministerpräsident Wulff ließ am 7. Juli 2009 schriftlich ausrichten, dass man das umfangreiche Informationsmaterial mit Interesse zur Kenntnis genommen habe und an das in der Sache zuständige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung zur Kenntnis gegeben habe. Aus dem Ministerium kam am 15. Juli 2009 eine Antwort von Marion Becker, die mitteilte, dass sie die Auffassung von Fachkreisen und der Hunde-Lobby teile. Das Fehlverhalten eines Hundes sei in der Regel nicht dem Hund und somit auch nicht einer bestimmten Hunderasse anzulasten. Vielmehr habe das Verhalten des Hundehalters maßgeblichen Einfluss auf Art, Häufigkeit und Schwere eines Zwischenfalls mit Hunden. Erziehung und Ausbildung eines Hundes, die Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse seien für die Auslösung aggressiven Verhaltens von wesentlicher Bedeutung.
Im Hinblick auf eine Weiterentwicklung des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden (NHundG ) werde daher darüber zu diskutieren sein, inwieweit verantwortungsvolles Verhalten und ausreichendes Wissen bei Hundehaltern vorhanden sein müssen, um die Zahl der Beißunfälle wirksam und langfristig zu reduzieren. Becker stimmte der Hunde-Lobby dabei zu, dass in der Sachkunde der wesentliche Ansatz für eine mögliche Weiterentwicklung des Gesetzes bestehen sollte.
Nach Ansicht Beckers solle das Ziel einer möglichen Weiterentwicklung des NHundG in jedem Fall sein, dass in der gesamten Bevölkerung wieder deutlich werde, dass der Hund nicht nur Verwendung beispielsweise als Hirten- und Hütehund, als Spürhund, Therapiehund oder Blindenbegleithund finde, sondern vor allem Begleiter seines Besitzers und Freund des Menschen sei.
Bereits am 7. Juli 2009 beantwortete Jörg Bode (FDP) das Schreiben der Hunde-Lobby an den stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Philipp Rösler. Darin bestätigte auch Bode, dass das Problem bei Vorfällen mit Hunden nach wie vor am oberen Ende der Leine zu suchen und nicht auf bestimmte Hunderassen zu begrenzen sei. Wer dann mit der Einführung von Rasselisten, Gewichts- oder Größenvorgaben argumentiere, ignoriere die wissenschaftlichen Erkenntnisse und sei in den Augen der FDP aktionistisch und populistisch. Urteile des OVG Schleswig-Holstein und des OVG Lüneburg stellten Rasselisten in der Vergangenheit unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten in Frage und die EU-Kommission habe die Bundesregierung bereits 2001 unter Verweis auf die Einschränkung des freien Waren- und Güterverkehrs zur Rechtfertigung der Diskriminierung von über 50 Hunderassen aufgefordert.
Das Verhalten eines Hundes sei von mehreren Faktoren, wie z.B. seiner Veranlagung, seiner Aufzucht und der Verhaltensweise des Halters abhängig. Daher wäre der Rückschluss falsch, bei allen individuellen Exemplaren einer bestimmten Hunderasse a priori von einer gesteigerten Gefährlichkeit auszugehen. Rasselisten seien aus Sicht der FDP fachlich unsinnig, schafften allenfalls Scheinsicherheiten und seien nicht geeignet, das Problem der gefährlichen Hunde zu lösen. Sie wären nach Auffassung der FDP nicht mit rechtsstaatlichen Prinzipien, z.B. im Rahmen einer gerichtlichen Gleichheitsprüfung von gefährlichen Hunden mit traditionellen Gebrauchshunderassen, vereinbar. Ein wirksamer Schutz der Bevölkerung vor übersteigert gefährlichen Individuen, deren Gefährlichkeit auf falsches oder kriminelles Verhalten der verantwortlichen Bezugsperson zurückzuführen sei, gelinge aus Sicht der FDP nur durch präventive Instrumente der Gefahrenabwehr.
Im Interesse der Gleichbehandlung von Hundehaltern solle generell eine Sachkunde- und Zuverlässigkeitsprüfung aller Halter eines Hundes mit nennenswertem Gefahrenpotential eingeführt werden. Weitere Maßnahmen, wie z.B. eine verbindliche Haftpflichtversicherung, eine Mikrochip-Kennzeichnung, Leinenzwang bei nachgewiesener Gefährlichkeit, Schaffung von Freilaufzonen und eine drastische Strafverschärfung, seien sinnvoll. Um dem Schutz des Tieres gerecht zu werden und eine breite Akzeptanz bei verantwortungsbewussten Hundehaltern zu erzielen, müsse der Gesetzgeber klar definieren, was gefährliches Verhalten ist und was unzuverlässige Halter sind. Die FDP werde sich in der politischen Auseinandersetzung auch weiterhin an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren und sich gegen die pauschale Diskriminierung von Hundehaltern und Hunderassen wehren. Ziel einer Verschärfung des Hundegesetzes müsse der Schutz der Bevölkerung und der Hunde vor verantwortungslosen und problembehafteten Haltern sein.