Wird die Vernunft im Gesundheitsausschuss siegen?

Sie haben ihre Sache gut gemacht: Tyra und Gollumb haben vor den Augen Hamburger Politiker, Politikerinnen und Medienvertreter am Dienstag, 12. September 2012, im Hamburger Tierschutzverein ihren Wesenstest mit Bravour bestanden.

Tyra lebt seit ihrer Beschlagnahme im Sommer 2011 hinter Zwingergittern im Tierheim in der Süderstraße. Foto: Maik Buchhardt

 Weder johlende oder torkelnde Menschen, noch plärrender Kinderwagen und Zudringlichkeiten von wildfremden Zweibeinern konnten die beiden aus der Ruhe bringen. Und auch auf bedrohliches Anstarren, Antatschen oder Anschreien durch Fremde reagierten die beiden souverän mit Beschwichtigungssignalen. Dabei gelten die zweijährige Staff-Mix-Hündin und der neunjährige Schäfer-Mix-Rüde, dem man so gar nicht ansieht, dass sein Vater ein Pitbull war, doch in Hamburg als unwiderlegbar gefährliche Hunde.

Wenn nicht bekannt wäre, dass Gollumbs Vater ein Pitbull war, käme niemand auf die Idee, diesen Hund wie einen Kategorie-Hund zu behandeln. Foto: Maik Buchhardt

„Ein Wesenstest ist für jeden Hund eine extreme Stresssituation“, sagt Dr. Barbara Schöning, anerkannte Fachtierärztin für Verhaltenskunde, die die veterinärwissenschaftliche Begutachtung nach den Vorgaben des Hamburger Hundegesetzes an den beiden Vierbeinern durchführte. „Die vielen Zuschauer – Kameraleute, Fotografen und Politiker – haben diesen Stress noch deutlich erhöht, dennoch haben beide Hunde sehr schöne Deeskalationsstrategien entwickelt und alle Aufgaben bestanden“.

Drohfixieren durch Dr. Schöning – Tyra ist angespannt, bleibt aber absolut freundlich. Foto: Hunde-Lobby

Das hat wohl auch die Bürgerschaftsabgeordneten überzeugt. So zeigte sich Anja Domres (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, sehr angetan von der freundlichen Gelassenheit der weißen Staff-Mix-Hündin. Dennis Thering (CDU) hätte die fröhliche Tyra wohl am liebsten gleich adoptiert und bestätigte, dass das Gesetz noch Lücken habe und nachgebessert werden müsse. Die Bürgerschafts-Vizepräsidentin Kersten Artus (Die Linke) fühlte sich in ihrer Auffassung, dass bestimmte Rassen nicht per se gefährlich sind, durch den Test bestätigt. Allein die tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen, Heidrun Schmitt, war auch nach der Begutachtung noch immer der Ansicht, dass in Hamburg auch 12 Jahre nach dem bedauerlichen Tod des kleinen Volkan die Zeit noch immer nicht reif für eine Lockerung des Hundegesetzes sei. Wie immer, wenn Politiker an diesen tragischen Unfall erinnern, scheinen sie völlig vergessen zu haben, dass ein Vollzug der damals geltenden Hundeverordnung das Leben des kleinen Jungen hätte retten können.

 

Mit großem Interesse verfolgten Politiker und Medienvertreter den Wesenstest im Tierheim. Foto: Hunde-Lobby

Tyra und Gollumbs Schicksal – und das aller anderen positiv getesteten Hunde im Tierheim in der Süderstraße – liegt jetzt in den Händen der Abgeordneten des Gesundheitsausschusses. Werden sie ihre Fraktionen davon überzeugen können, was Wissenschaftler und Kynologen seit Jahren predigen,  nämlich dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht von der Rasse abhängig ist? Wenn die Grünen nicht mitspielen, steht es schlecht für die Hunde, denn Änderungen wird es wahrscheinlich nur dann geben, wenn tatsächlich alle Bürgerschafts-Fraktionen zustimmen.

Der Kontakt mit einer fremden Hündin klappt – Tyra bleibt ruhig. Foto: Hunde-Lobby

Deshalb machten Hamburger Tierschutzverein und Hunde-Lobby bei der abschließenden Diskussionsrunde noch einmal deutlich, dass ein Festhalten am geltenden Hundegesetz aus Sicht des Tierschutzes und aufgrund der heute gesicherten veterinärmedizinischen Erkenntnisse als tierquälerischer Unsinn zu bezeichnen sei, der die Stadt Hamburg zudem mit unnötigen Kosten belaste. Die Überprüfung der beiden per Gesetz als unwiderleglich gefährlich definierten Hunde habe deutlich gezeigt, dass sich ihr Gefährdungspotential nicht von dem eines nicht gelisteten Hundes unterscheide, so dass es zwingend geboten sei, auch Pittbull, Staff & Co. die Möglichkeit zu geben, ihre vermeintliche Gefährlichkeit zu widerlegen.

Gollumb meistert auch die typische „Babywagen-Situation“ ohne Beanstandungen. Foto: Hunde-Lobby

Um diese Forderung und die Forderung nach Freigabe aller Grünanlagen für nach § 9 Hamburger Hundegesetz leinenbefreite Hund-/Haltergespanne zu unterstreichen, wurden der Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Anja Domres (SPD), am Rande der Veranstaltung mehr als 11.000 Unterstützer-Unterschriften übergeben.

Mehr als 11.000 Unterstützerunterschriften wurden an Anja Domres übergeben.

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