SPD-Mehrheit macht alle Hoffnungen zunichte

Eines vorweg: Es lag nicht – wie erwartet – an den Grünen, dass sich in Sachen Hundegesetz in Hamburg nichts ändern wird. Es ist die Regierungsmehrheit der SPD, die sich allen vernünftigen Argumenten verschließt. Selbst die SPD-Abgeordneten Anja Domres und Gert Kekstadt, die nach dem Wesenstest im Hamburger Tierschutzverein Mitte September noch eingeräumt hatten, dass  ein Hund, der den Wesenstest mit Bravour bestanden hat, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht irgendwann zur reißenden Bestie mutieren werde, stimmten mit teilnahmsloser Miene für die Pläne der Gesundheitssenatorin.

Die Schwächen im Hamburger Hundegesetz erkannten nur die Vertreter von CDU, FDP und der Linken und selbst die Grünen zeigten sich längst nicht mehr so überzeugt davon, dass das bisherige Gesetz tatsächlich zielführend gewesen sei. Und so stimmten sie gemeinsam mit CDU und der Partei Die Linke für den Antrag der FDP auf eine erneute Expertenanhörung. Mit den Stimmen der SPD war dieser Antrag aber gleich wieder vom Tisch. Ähnlich erging es zuvor dem Änderungspetitum der Abgeordneten Kersten Artus (Die Linke), das in etwa dem Positionspapier von Hamburger Tierschutzverein und Hunde-Lobby entspricht. Gemeinsam mit den Abgeordneten der CDU stimmten die Vertreter der Linken dafür, Grüne und FDP enthielten sich und die SPD-Abgeordneten votierten dagegen. Der letzte Versuch des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP), nach Minderheitenrecht eine öffentliche Anhörung zu beantragen, schaffte die Zustimmung von 25 Prozent der Ausschussmitglieder bedauerlicherweise am Ende nicht.

„Die SPD-Politiker erwecken den Eindruck, dass Expertenwissen hier nicht gefragt ist“, sagte Manfred Graff, 1. Vorsitzender des HTV, gleich nach den Beratungen des Gesundheitsausschusses. „Die zur Begründung des nochmals verschärften Hundegesetzes herangezogene so genannte Beißstatistik ist nach Art und Umfang der erhobenen Daten in keiner Weise aussagefähig.  Augenscheinlich geht es nur um populistische Symbolpolitik und nicht um eine vernünftige und gebotene Anpassung des Hundegesetzes“.

Und so wird mit der Arroganz der Macht gegen jeden Sachverstand der offensichtliche Verstoß gegen die Tierschutzhundeverordnung weiter gesetzlich fortgeschrieben, indem man den in § 2 Abs. 1 des Hamburger Hundegesetzes aufgelisteten Hunden der Rassen American Staffordshire Terrier, Pitbull Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen noch nicht einmal die Chance auf ein Leben bei nachweislich hundeerfahrenen und zuverlässigen Haltern einräumt. Stattdessen werden diese Hunde ihr Dasein auf Kosten der Steuerzahler weiterhin hinter den Gittern des Tierheims fristen müssen, obwohl sie ihr freundliches Wesen bei einem Wesenstest nachgewiesen haben. Ihre einzige Chance liegt in einer Vermittlung in andere Bundeländer, wo längst sogar SPD-Parteigenossen erkannt haben, dass die tatsächliche Gefährlichkeit eines Hundes nicht von seiner Rasse abhängig ist,  und die sich dort – wie z.B. in Niedersachsen – für vernünftige gesetzliche Rahmenbedingungen ausgesprochen haben.

In Hamburg geht das nicht. Hier will man auf Teufel komm raus, dass diese Rassen aus dem Stadtbild verschwinden, wie der Sprecher der SPD-Fraktion im Gesundheitsausschuss, Martin Schäfer, unlängst sogar vor laufenden Kameras verlauten ließ. Er könne auch nicht erkennen, was ein Erfahrungsaustausch mit den Niedersächsischen Behörden bringen solle, schließlich lägen noch keine verwertbaren Daten vor, weil das Niedersächsische Hundegesetz erst vor knapp einem Jahr verabschiedet worden sei. Dass man in Niedersachsen aber bereits seit 2003 gänzlich ohne Rasselisten ausgekommen ist, interessiert Schäfer nicht. Besser weg mit diesen Tieren, sicher verschlossen hinter Zwingergittern oder abgeschoben nach Niedersachsen, Hessen oder Mecklenburg.

Mit der Vermittlung in Hamburg unerwünschter Hunde in andere Bundesländer entledigt sich Hamburg wieder einmal eines Problems bei seinen Nachbarn. Das ist nicht nur zynisch, sondern auch bigott. „Ehrlicher wäre es, die Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks würde sich gleich für eine generelle Tötungsanordnung dieser Hunde aussprechen“, gibt die 2. Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins, Sandra Gulla, zu bedenken, „statt dem Tierheim auch zukünftig eine tierschutzwidrige jahrelange Verwahrung der von den Behörden beschlagnahmten Hunde aufzunötigen“. Hunde-Lobby-Chefin Jule Thumser macht sich nicht nur Sorgen um die Hunde, sondern auch um deren Pfleger: „Diese Menschen haben sich bewusst für einen Beruf im Tierschutz entschieden und müssen jetzt tagtäglich das Elend dieser Vierbeiner mit ansehen, die teilweise schon seit dem Welpenalter hinter Gittern leben müssen“.

Deshalb wird in den Vorständen beider Vereine jetzt über rechtliche Schritte nachgedacht. „Auch die Art und Weise einer zukünftigen Zusammenarbeit mit der Stadt steht auf dem Prüfstand“, erklärt Graff, „wir können und wollen diesen tierquälerischen Unsinn, nachweislich friedliche Hunde jahrelang in Zwingern einzusperren, nicht länger mittragen“. Vernünftiger wäre es, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Hunde mit bestandenem Wesenstest auch in der Hansestadt bei qualifizierten und erfahrenen Hundehaltern ein normales Hundeleben leben können – wie es der Hamburger Tierschutzverein und die Hunde-Lobby in ihrem Positionspapier gefordert haben.

Stand (03.10.2012)

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