Runde 1: Schrader ./. Poggendorf (aktualisiert)

Nachdem der Hamburger Tierarzt Dirk Schrader im September 2005 Strafanzeige gegen Wolfgang Poggendorf erstattet hatte und der Staatsanwalt seither gegen den HTV-Geschäftsführer ermittelt, schlug der Tierheimchef zurück und erwirkte am 31. August 2005 gegen den engagierten Tierarzt eine einstweilige Verfügung, die es ihm verbietet, Wolfgang Poggendorf weiterhin öffentlich als „Lügner und Betrüger“ und die so genannten Tierheim-Wesenstests als „getürkt“ zu bezeichnen. Am 7. Oktober 2005 wurde nun am Landgericht Hamburg der Einspruch Schraders gegen die einstweilige Verfügung verhandelt.

Dirk SchraderIm mit Pressevertretern und Hunde-Lobbyisten voll besetzten Gerichtssaal wartete man jedoch vergebens auf Hamburgs vermeintlich obersten Tierschützer, denn Poggendorf überließ es seinem Anwalt, seine Interessen zu vertreten. Zum Beleg seiner Behauptungen legte Schraders Rechtsanwalt eine DVD mit Aufnahmen des Wesentests vom 19.4.05 sowie die gutachterliche Stellungnahme zu diesem Wesenstest von Dr. Barbara Schöning vor. Zudem gab er zu Protokoll, dass man die Bezeichnung „getürkt“ im Sinne von „unqualifiziert“ beurteilen möge. Poggendorfs Anwalt legte daraufhin die schriftliche Stellungnahme der Kieler Kynologin Dorit Feddersen-Petersen vor, die dem Tierheimchef bescheinigte, dass er keinerlei Einfluss auf die Wesenstests genommen habe (Schrader hatte allerdings nur behauptet, dass Poggendorf die Verantwortung für die Wesenstests im Tierheim trage). Nachdem Schrader seine Beweismittel erläutert hatte, machte der Richter darauf aufmerksam, dass er nicht generell über den Wesenstest zu befinden hätte, es ginge in diesem Verfahren nur darum, ob Schrader den Tierheimchef in diesem Zusammenhang als „Lügner und Betrüger“ und die Wesenstests als „getürkt“ bezeichnen dürfe.

Die beiden Augenzeugen, die Poggendorf dabei beobachtet hatten, wie er minutenlang mit einem Stock oder einer Eisenstange gegen die Gitterstäbe eines Hundezwingers geschlagen und damit den Hund darin völlig verrückt gemacht haben soll, wurden nicht angehört. Dennoch gab Poggendorfs Anwalt zu Protokoll, dass der Tierheimleiter gelegentlich mit seinem Gehstock gegen die Gitterstäbe „klopfe“, um die Aufmerksamkeit der Hunde zu erlangen bzw. diese vom Außen- in den Innenzwinger (oder umgekehrt) zu „locken“. Dies sei zudem in der Süderstraße üblich, denn auch die Tierpfleger würden mit ihren Sechskantschlüsseln gegen die Zwingertüren „klopfen“.

Eingehend auf Chico erklärte Schrader, dass dem Hund im Tierheim schweres Leid zugefügt worden sei, was u.a. zur vollständigen Zerstörung seines Gebisses geführt habe. „Poggendorf hat über diesen Hund Lügen verbreitet“, so der Tierarzt weiter, „und die Öffentlichkeit darum betrogen, die Wahrheit zu erfahren – mit gewaltigen Folgen für die Hundehalter. Aber wenn Sie sagen, ich darf das nicht sagen, sage ich es auch nicht mehr!“

Wie immer dabei, wenn es um Poggendorf geht: Hildegard Dobbertin (m), die inzwischen ein ganzes Archiv über den Tierheimchef angelegt hat und hier argwöhnisch den Ausführungen von Poggendorfs Anwalt vor laufenden Kameras folgt.

Da das Gericht zunächst die eingereichten Unterlagen prüfen musste,  wurde die Entscheidung eine Woche später, am 14. Oktober 2005 verkündet:

„Die Kammer hat die einstweilige Verfügung überwiegend bestätigt, mit der dem Antragsgegner verschiedene Äußerungen verboten worden waren, die dieser über das Internet verbreitet hat. Zwar hat der Anwalt des Herrn Poggendorf eingeräumt, dass von ihm und seinen Mitarbeitern mit Stöcken oder Sechskantsschlüsseln an die Gitterstäbe von Käfigen geklopft wird; die einstweilige Verfügung war daher aufzuheben, soweit dieser Vorwurf isoliert untersagt worden war. Für seine Vorwürfe, dass dies gerade zu dem Zwecke geschehe, die Hunde aufzubringen, damit sie den ‚Wesenstest‘ nicht bestehen, und dass der Test deswegen ‚getürkt‘ sei, hat der Antragsgegner allerdings keinerlei Beleg angeführt. Hinsichtlich der weiteren schweren Vorwürfe – Herr Poggendorf sei ein Lügner und Betrüger und das Tierheim sei zu einer Tötungsanlage verkommen – hat der Antragsgegner ebenfalls keine Tatsachen vorgebracht, die eine hinreichende Grundlage für derartige Vorwürfe darstellen können.“

AZ 324 O 644/04, Landgericht Hamburg

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