Offene Worte aus der Gesundheitsbehörde
Am 24. März 2006 begrüßte die Hunde-Lobby Staatsrat Dietrich Wersich (CDU), Dr. Barbara Schöning (TKH), Michael Weippert (FDP) und Henrik Bagdassarian (ADRK) zum III. Hamburger Hundesymposium. Moderiert von Jule Thumser, standen die Referenten sowie der 1. Vorsitzende der Hunde-Lobby, Michael Rockel, den Hundehaltern Rede und Antwort zur Umsetzung des neuen Hamburger Hundegesetzes. Bedauerlicherweise hatte die für Hundefragen im Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) zuständige Mitarbeiterin, Heike Passenheim, kurz vor der Veranstaltung abgesagt.
Um ein Haar wäre auch der Staatsrat nicht erschienen, denn ihm waren im Vorfeld der Veranstaltung Flyer – aufgemacht wie ein Fahndungsplakat – zur Kenntnis gebracht worden, auf denen Wersich – zusammen mit Senator Jörg Dräger (CDU), Michael Fuchs (CDU), Andreas Dressel (SPD) und Christian Maaß (GAL) – abgebildet waren. Gemeinsam konnten Michael Rockel (1. Vorsitzender der Hunde-Lobby) und Jule Thumser (Pressesprecherin der Hunde-Lobby) den Staatsrat aber davon überzeugen, dass er im Gästehaus der Uni keine Übergriffe durch aufgebrachte Hundehalter zu erwarten hätte. An dieser Stelle daher die große Anerkennung der Hunde-Lobby an den Staatsrat, manch anderer hätte die Gunst der Stunde genutzt und wäre nicht gekommen.
Vor annähernd 400 Zuschauern informierte Wersich zunächst in Wort und Bild über das Hundegesetz, die Rechtsverordnung und die zu erwartenden Gebühren (nachzulesen auch im Internet unter www.hundegesetz.hamburg.de). Dabei machte er deutlich, dass das neue Zentralregister erstmals zuverlässige Statistiken über die in der Hansestadt gehaltenen Hunderassen und Beißvorfälle möglich machen werde.
Deutliche Worte zum Hundegesetz fanden Dr. Barbara Schöning und Michael Weippert. Während der Vertreter der FDP den hohen bürokratischen Aufwand bei den vorgestellten Durchführungsbestimmungen kritisierte, bemängelte die Präsidentin der Hamburger Tierärztekammer, dass das Gesetz trotz aller Reglementierungen keine effektive Vorbeugung vor möglichen Gefahren biete und der Maulkorb- und Leinenzwang zur Entwicklung sozial unfähiger Hunde führen werde. „Wenn das Ziel der Politiker aber die Reduzierung der Anzahl der Hunde in Hamburg sei“, so Schöning, „erfüllt das Gesetz seinen Zweck!“
Stellvertretend für alle gelisteten Rassen machte Henrik Bagdassarian deutlich, dass fünf Beißunfälle, die innerhalb kurzer Zeit im April 2005 für Schlagzeilen gesorgt hatten, der Auslöser für die Politik gewesen seien, den Rottweiler auf die Liste zu setzen und den Bullterrier für unwiderlegbar gefährlich zu erklären.
Die Ankündigung des 1. Vorsitzenden der Hunde-Lobby, bis spätestens Ende des Jahres Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen, wurde vom Publikum mit viel Applaus aufgenommen.
Während der Pause hatten fleißige Hunde-Lobbyisten fast 100 Zettel eingesammelt, auf denen das Publikum Fragen an die Referenten notiert hatten. Erwartungsgemäß musste Jule Thumser das Gros der Fragen an den Staatsrat stellen. Und der fand unerwartet offene Worte. So gab Wersich zu, dass es erklärtes Ziel der politisch Verantwortlichen sei, die in der Kategorie I genannten Rassen aus der Hansestadt zu verbannen. Auch erneuerte er seine Empfehlung an die Hunde-Lobby, sich in den Bezirken für die Umsetzung der Globalrichtlinie (Freigabe von Wegen, Pfaden und Flächen für Hundeführerschein-Inhaber) sowie weitere Freilaufflächen für alle Hunde einzusetzen. In einer Stadt wie Hamburg sei es nicht möglich, durch eine Freilaufflächenregelung in allen Stadtteilen die artgerechte Hundehaltung zu gewährleisten. Und fast schien es so, als ob er die Pläne der Hunde-Lobby, Verfassungsbeschwerde einzureichen, begrüße, denn dieses Gericht habe in einer Demokratie das letzte Wort. Weit von sich wies der Staatsrat die Vorwürfe, Senat und Bürgerschaft hätten zu wenig Expertenmeinungen eingeholt. „Es gab Expertenanhörungen“, so Wersich, „und auch der Tierschutzbeirat hat den generellen Leinenzwang einstimmig gebilligt“. Zu der Rolle von HTV-Chef Poggendorf bei der Entstehung des Hundegesetzes wollte sich Wersich jedoch nicht äußern.
Gefragt nach der Gehorsamsprüfung, erklärte Dr. Schöning, dass sie in ihrer 30-jährigen Praxis noch keinen (umgangssprachlich „gut erzogenen“) Hund kennen gelernt habe, der den von der Stadt geforderten Test zur Leinenbefreiung auf Anhieb bestehen würde, ohne dass der Besitzer nicht eine längere Zeit intensiv mit seinem Hund trainiert hätte. Rückblickend bedauerte sie, dass die Tierärztekammer erst spät öffentlich in den politischen Willensbildungsprozess eingegriffen habe und nicht schon früher deutlichere Worte gegen das Gesetz gefunden habe. Praktisch „fünf Minuten vor zwölf“ werden die Tierärzte daher am 31. März 2006 für fünf Minuten die Arbeit niederlegen, um damit ihren Protest gegen das Gesetz deutlich zu machen.
Für alle, die ihre Entscheidung bei der nächsten Bürgerschaftswahl in Hamburg vom Wohlergehen ihrer Vierbeiner abhängig machen, ist die Antwort von Michael Weippert auf die Frage nach einem Wiedereinzug in Senat oder Bürgerschaft ganz sicher interessant: „Wir werden versuchen, dieses Gesetz, sofern es nicht vorher schon gekippt wird, auf jeden Fall wieder rückgängig zu machen!“
Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde kam Bagdassarian leider nicht mehr dazu, Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Der Allgemeine Deutsche Rottweiler Klub bietet betroffenen Hundehalter aber kostenlose Hilfe bei der Vorbereitung auf den Wesenstest an. Bagdassarians Erfahrung habe aber gezeigt, dass sich die Aufgeregtheit der Halter nur zu leicht auf die Hunde übertrage. Daraus resultierten oftmals Probleme, die eigentlich gar nichts mit der Prüfung zu tun hätten.
Zuletzt appellierte Rockel an alle Hundehalter, Mitglied der Hunde-Lobby zu werden. Nicht nur, weil der Verein seine Mitglieder in allen Fällen von behördlicher Willkür unterstütze, sondern um die Kräfte aller Hundehalter im Kampf gegen das unsinnige Hundegesetz zu bündeln.
Trotz technischer Probleme, das Mikrofon war gleich zu Anfang ausgefallen, ist der Hunde-Lobby eine gut organisierte und für alle informative Veranstaltung gelungen und die Hundehalter haben einmal mehr bewiesen, dass sie nicht – wie so gern propagiert – ein Haufen von Chaoten sind, die „auf Teufel komm raus“ immer und überall ihre Hunde von der Leine lassen wollen.
Für die Unterstützung dankt die Hunde-Lobby:
der Konditorei Weber, Hellbrookstr. 61, 22305 Hamburg und
der Fleischerei Michael Durst, Fuhlsbüttler Str. 159, 22305 Hamburg, www.fleischerei-durst.de für die bei den Vierbeinern so beliebten Leberwurst-Kekse,
Thomas Dobnig, www.insecura.de, dem Sicherheitsbeauftragten der Hunde-Lobby,
Frank Fischer und seinem Team, www.music-n-motion.de, die die Veranstaltung gefilmt und Klaus Thumser, www.redpoint.de, der sie fotografiert hat,
und an Claus Kraft, www.leinenlos.org, der mit seiner objektiven Berichterstattung über das Symposium wieder einmal „schneller als der Schall“ war.
Ein großes Dankeschön gilt auch den vielen fleißigen Helfern, die vor und während des Symposiums für den reibungslosen Ablauf gesorgt haben und den Hundehaltern, die mit knapp 300 Euro wieder einmal für gut gefüllte Sammelbüchsen gesorgt haben.