Krümel rehabilitiert

„Attacken“ waren in Wirklichkeit nur Schmerzabwehr

Hundehaltern und Hundeexperten ist es ja schon lange klar: Die vermeintlichen Attacken von Schäferhund Krümel, die bei zwei kleinen Mädchen bedauerlicherweise zu Verletzungen im Gesicht geführt hatten, resultieren nicht aus Aggressionen des Hundes gegenüber Menschen, sondern waren lediglich ein Zeichen von Schmerzabwehr.

Den Beweis trat jetzt Tierarzt Dirk Schrader an, der Krümel am 27. März 2006 in Anwesenheit der Presse in der Tierklinik Rahlstedt einer eingehenden radiologischen Untersuchung unterzog.

Unter Narkose wurden zunächst zwei herkömmliche Röntgenaufnahmen (Thorax und Abdomen) gemacht, auf denen im Bereich der Brustwirbelsäule sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule Spondylosen der Wirbelkörper (Knochenspangenbildung zwischen den einzelnen Wirbelkörpern) zu erkennen waren. Die anschließende radiologische Untersuchung im Scan-Verfahren und unter Nutzung von 10.0 ml Kontrastmittel im  Periduralraum (Negativraum zwischen harter Rückenmarkshaut und Knochenhaut der Wirbel) ergab folgenden Befund:

Dirk Schrader erklärt den Journalisten den Befund am Bildschirm

Diskospondylitis L7-S1 mit hochgradiger Raumnahme des Wirbelkanals ( Cauda equina-Syndrom) (hochgradige entzündliche Aufquellung der Bandscheibe). Diskospondylitis mit Bandscheibenprotrusionen (-aufquellungen) im Bereich  L5-L4, L4-L3, L3-L2, L2-L1,
L1-Th13. Die Aufquellungen im Bereich L4-L3 und L3-L2 sind als hochgradig zu bezeichnen.

Tierarzt Schrader, der das Untersuchungsverfahren aus der Humanmedizin inzwischen erfolgreich in seiner Praxis einsetzt, bewertete das Ergebnis der knapp einstündigen Untersuchung: „Der Hund Krümel leidet unter den Folgen einer instabilen Wirbelsäule. Im Bereich der Brust-Lendenwirbelsäule ist es zu schmerzhaften Veränderungen der Zwischenwirbelräume gekommen (Entzündungen der Bandscheiben und der Wirbelkörper). Die Knochenspangenbildung beeinträchtigt zusätzlich die Elastizität der Wirbelsäule. Die Bandscheibenaufquellungen führen zu erheblichen Einschränkungen der Rückenmarksfunktionen (Einschränkung der Motorik ggf. des Intestinums) und zu einer hohen Schmerzspannung. Jedwede unphysiologische Beanspruchung der Wirbelsäule, Stoß, Verbiegung, insbesondere schraubenförmige Verdrehungen führen unmittelbar zu erheblichen Schmerzen, die mit einem  für den Hund typischen Abwehrverhalten beantwortet werden“.

Krümel erhält noch in der Narkose die heilende Therapie, die ihn bald von seinen Schmerzen befreien wird.

Dieses Abwehrverhalten könne bei Hunden und Menschen zu Verletzungen führen. Ein derartiges Verhalten sei jedoch nicht mit  einer psychischen Störung zu verwechseln, welche zu Angriffsverhalten gegenüber Hund und Mensch (übersteigerter Jagdinstinkt)  führen könne und stelle mit größter Sicherheit die Ursache für die Verletzungen der kleinen Mädchen dar. Dem Halter von Krümel, Heinrich B., empfahl Schrader, Kinder sind in Zukunft  von dem Hund fernzuhalten. Aber er hatte auch eine gute Heilungsprognose: „Sofern die begonnene Therapie zur  Auflösung der Bandscheibenaufquellungen führt, dürfte die derzeit vorhandene Schmerzspannung  verloren gehen. Insofern stellt dieser Hund dann keine Gefahr für die Allgemeinheit (mehr) dar“.

Krümel hat die Untersuchung wohlbehalten überstanden …

Da nahezu jeder ältere Hund – klein wie groß – in seinem Leben irgendwann einmal an der Wirbelsäule erkranken könnte, rät Schrader den Haltern, auch kleinste Veränderungen im Verhalten ihres Hundes genau zu beobachten und im Zweifelsfall lieber einmal mehr als zu wenig den Tierarzt zu konsultieren.

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