Offener Brief an den Bürgermeister der Stadt Hamburg

19. September 2006

WIRTSCHAFT  IST  NICHT  ALLES

Sehr geehrter Herr von Beust,

In Ihrer Ansprache zum Chinesischen Neujahrsfest 2006 kündigten Sie für dieses Jahr die Feier des 20jährigen Jubiläums der Partnerschaft zwischen Hamburg und Shanghai im Mai sowie die Veranstaltungsreihe China time vom 13.9.-1.10. an.

Sie gehen dabei auf das jetzt nach dem Mondkalender in China laufende „Jahr des Hundes“ ein. Sie erwähnen, dass die Eigenschaften des Hundes – er gilt als loyal, ehrlich, zuverlässig und freundlich –  in China als besonders positiv angesehen werden.
Dann knüpfen Sie eine Parallele zu den Hamburgern, denen diese Eigenschaften auch nachgesagt würden und hoffen damit auf eine Intensivierung der Freundschaft zwischen Hamburg und China.

Bei uns – und auch bei den meisten Bürgern Deutschlands – kommen bei den Worten „China“ und „Hund“ ganz andere Assoziationen auf, die nichts, aber auch gar nichts mit  Respekt vor Hunden oder anderen Tieren oder gar mit Tierliebe zu tun haben. Wir sehen vor unseren Augen grausamst gequälte Kreaturen, insbesondere Hunde, Katzen und Bären, die für die Pelzindustrie, Gastronomie und im Falle der Bären in den sog. Bärenfarmen zur permanenten Gewinnung  von Gallenflüssigkeit  unvorstellbar geschunden werden. Hunde und Katzen leiden beim Transport  in engsten Käfigen und LKWs, auf Märkten und wenn Ihnen, noch lebend, das Fell abgezogen wird, um in Europa als Pelz vom Asiatischen Wolf, Dogue de Chine, Maopee, Genotte, o.a. verkauft zu werden – alles ungestraft: China hat nicht einmal ein Tierschutzgesetz.

Zur Zeit werden in verschiedenen Provinzen Chinas die Straßenhunde grausam umgebracht. Der angegebene Grund: Tollwut.
Die Öffentlichkeit kennt die Bilder, Berichte und Filme aus den Medien. Kann es sein, dass ausgerechnet Sie diese nicht kennen? Das ist unwahrscheinlich. Aber die Freude über einen Zuwachs von 25 % des China-Umschlags im vergangenen Jahr und die Hoffnung auf einen weiteren Anstieg verdrängt wohl solche Bilder bei Ihnen, anderen führenden Politikern und bei Industriellen. Alle Augen werden zugedrückt. Man will niemanden verärgern. Schließlich steht im Hintergrund  ja noch die Rivalität zu Düsseldorf und Köln im Rennen um den ersten Platz als Handelspartner der  umworbenen Chinesen. Hamburg soll „Europas Tor zu China“ und „Chinas Tor zu Europa“ werden, so wollen es die Hamburg Marketing GmbH und die Hamburg Tourismus GmbH.

Aber was ist das für eine Welt? Wirtschaft ist doch nicht alles! Was wollen wir unseren Kindern erzählen, wenn sie fragen, warum wir die Grausamkeiten an Tieren zulassen? Vielleicht, dass wir für die Wirtschaft unsere Menschlichkeit, unser Mitgefühl verkauft haben?

Wenn nicht nur China Hamburgs wichtigster Handelspartner ist, wie es in einem Statement des Hamburger Senats vom März 2006 steht, sondern auch Hamburg Chinas wichtigster Hafen und der europäische Brückenkopf, dann wäre es doch ein Leichtes, Einfluss zu nehmen darauf, wie China mit andersdenkenden Menschen, mit Menschenrechten überhaupt  und mit unschuldigen, wehrlosen Tieren umgeht.

Sie versprachen  vor dem Beginn von china time in einem Spiegel-Interview in Bezug auf  MENSCHENRECHTE: „Das wird keine reine Jubelveranstaltung, wir werden unseren Gästen …. deutlich die Meinung sagen.“ Diese Deutlichkeit ist in den Medien bisher nicht erkennbar. Schließlich geht es um Inhaftierung, Folter und Hinrichtung von politisch Andersdenkenden, Anhängern bestimmter Religionsgemeinschaften etc.

Die TIERRECHTE werden bei dem ganzen Jubel über die große Verbrüderung total vergessen ! Nicht bei uns. Die Tierschutzpartei verurteilt die Tierquälereien in China schärfstens, auch wenn in unserem eigenen Land in dieser Beziehung leider noch sehr vieles verbesserungswürdig ist.
Man spricht von Hamburg Summit, Handel, Kunst, Gastronomie, Kunst, Handwerk, Wirtschaft, Tourismus, Spaß wie bei der Fußball-WM, Sport u.v.m……Nur die Ethik wurde ausgelassen.

Wir bitten Sie eindringlich, im Jahr des Hundes Ihren Einfluss und Ihre Popularität zu nutzen, um bei der Abschaffung der unsagbaren Grausamkeiten, die in China den angeblich so geschätzten Hunden und anderen Tieren angetan werden, zu helfen!

In Erwartung Ihrer Stellungnahme
und mit freundlichen Grüßen

Ulla Schloon                                  Tina Stenz
Vorsitzende LV Schleswig Holstein   Vorsitzende LV Hamburg

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