verfasst von City Dog
Jan van Aken (Die Linke, Kandidat zur Bundestagswahl), Burkhardt Müller-Sönksen (FDP, Mitglied des Bundestages), Jenny Weggen mit dem gesamten Team (GAL, Bürgerschaftsabgeordnete), Harald Krüger (CDU, Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und in der Bürgerschaftsfraktion für den Tierschutz zuständig), Christoph Holstein (SPD, Pressesprecher) – in dieser Reihenfolge beantworteten die Hamburger Politiker die Fragen, die das Team von City Dog immer wieder von Hundehaltern zu hören bekam. In dieser Reihenfolge lassen wir sie auch antworten. Wie hundfreundlich sind die Parteien? Entscheiden Sie selbst…
1. Was halten Sie vom Hamburger Hundegesetz?
DIE LINKE: Es beruht auf unwissenschaftlichen Annahmen: Es gäbe Hunderassen, die für Menschen gefährlich sind. Grundlage hierfür sind halbherzig geführte Statistiken und dramatische Einzelfälle. In Niedersachsen oder Bremen zum Beispiel sind Hunderassen erlaubt, die in Hamburg verboten sind und umgekehrt. Außerdem werden die Angaben über Beißvorfälle nicht seriös recherchiert. Das verfälscht die Aussagen. Die Hamburger Bürgerschaftsfraktion DIE LINKE hat deshalb im Dezember 2008 einen umfangreichen Vorschlag mit Änderungen zum Hundegesetz eingebracht. (Drucksache 19/1748) und war die einzige Partei, die dem Hundegesetz in der jetzigen Fassung nicht zugestimmt hat. Ihr Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit.
FDP: Es ist in vielerlei Hinsicht ein Paradebeispiel für voreilige und unbedachte Politik. Aus purem Aktionismus wurden pauschal alle verantwortungsvollen Hundehalter mitsamt ihren
Hunden in ihrer Freiheit eingeschränkt und ein genereller Leinenzwang eingeführt. Das Gesetz diskriminiert Hundehalter und ihre Tiere, indem es sie pauschal zu potentiellen Gewalttätern erklärt. Die FDP Hamburg hat sich bereits vor dem letzten Bürgerschaftswahlkampf gegen Tierquälerei und verantwortungslose Hundehalter und für eine artgerechte Haltung von Tieren, wie es vom Tierschutz verlangt wird, ausgesprochen. Es suggeriert eine Gefahr von Hunden, die so in der Realität gar nicht existiert, indem es Hunde an den Menschen fesselt. Dies führt auch dazu, dass insbesondere Kinder sich immer mehr vor Hunden fürchten und das Image der Hundehalter stark leidet. Das Hamburger Hundegesetz hat damit auch langfristig negative Konsequenzen. Vor allem aber ist es absolut unverhältnismäßig. Mit gesetzlich verordneter Tierquälerei wird versucht einen besseren Schutz für die Menschen zu erreichen. Dies hat aber das Gegenteil zur Folge. Durch Leinen und Maulkorbzwang und der Isolierung von anderen Menschen werden sozial inkompetente Hunde herangezogen. Eine freie und artgerechte Haltung ist meiner Auffassung nach ein deutlich wirksameres Mittel zur Vermeidung von Attacken gegen Menschen.
GAL: Es wurde von der Bürgerschaft im letzten Jahr evaluiert und in einigen Punkten
überarbeitet und ergänzt. Dazu wurde auch das Gespräch mit Experten gesucht, unter anderem indem im zuständigen Ausschuss der Bürgerschaft, dem Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz, eine Sachverständigenanhörung durchgeführt wurde. Die Ergebnisse sind in die weiteren Beratungen zum Gesetz eingeflossen. Das Gesetz wurde dabei in folgenden zentralen Punkten evaluiert und verbessert: Es werden durch die Novellierung Hunde unter 12 Monate von der Anleinpflicht befreit, damit sie ihr natürliches Nachlaufverhalten besser entwickeln können. Dies ist im Sinne des Tierschutzes wichtig und sinnvoll. Außerdem sind finanzielle Erleichterungen geschaffen worden, für Hundehalter, die sich bereit erklären, nach dem Hundegesetz als gefährlich eingestufte Hunde aus dem Tierheim in ihre Obhut zu nehmen, vorausgesetzt, die Hunde haben einen Wesenstest bestanden. Wir überprüfen zudem regelmäßig, ob neuere Erkenntnisse zu einer Verbesserung des Gesetzes beitragen könnten.
CDU: Der enorme Rückgang von Beißvorfällen an Mensch und Tier, die vielen neuen Freilaufzonen, sowie die große Anzahl positiver Rückmeldungen von Hundebesitzern, bestätigt uns den Erfolg dieses Gesetzes.
SPD: Wir möchten an der Umfrage nicht teilnehmen.
2. Möchten Sie das Hundegesetz an einigen Punkten ändern?
DIE LINKE: Auf jeden Fall, an mehreren Punkten: Jeder Hund muss das Recht haben, nach einer erfolgreichen Wesensprüfung wieder aus seinem Käfig herauszukommen. Es gibt keine grundsätzlich gefährlichen Hunderassen. Menschen, die Hartz IV erhalten, sollen von der Hundesteuer befreit werden. Rasselisten gehören abgeschafft. Beißvorfälle sollten sorgfältiger analysiert werden. Wir sind für das Recht auf eine umfassende Beratung bei Fachleuten, die vor der Entscheidung liegt, sich einen Hund anzuschaffen. Erst nach so einer Beratung soll es möglich sein, einen Hund anschaffen zu dürfen.
FDP: Ja, es ist in der jetzigen Form nicht haltbar. Vielmehr müssen die Behörden zur Begutachtung auffälliger Hundehaltungssituationen und zur Durchsetzung tierschutzkonformer Bedingungen angehalten werden. Ebenfalls müssen Hundehalter zu einer Art- und wesensgerechten Hundehaltung verpflichtet werden. Die Rasselisten müssen gestrichen werden. Der generelle Leinenzwang gehört abgeschafft. Nur auf Kinderspielplätzen, Marktplätzen und an weiteren Orten, an denen es sachlich begründet ist, ist eine Anleinpflicht erforderlich. An die Stelle einer Gehorsamkeitsprüfung sollte eine echte Sachkundeprüfung treten, die mit einer ermäßigten Hundesteuer bei Bestehen einen positiven Anreiz setzt.
GAL: siehe Antwort 1
CDU: Entsprechend § 26 des „Hundesgesetzes“ hatte der Senat der Bürgerschaft drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes über Anwendung und Auswirkung des Gesetzes und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen berichtet. Hierbei kam es auch zu einer öffentlichen Expertenanhörung. Infolgedessen kam es nach Beratungen auch zu punktuellen Veränderungen des Gesetzestextes. Diese wurden im Dezember 2008 mit den Stimmen von CDU, GAL und SPD in der Bürgerschaft verabschiedet. Die Kategorisierung der Rasseliste wurde nicht überarbeitet, da sie auch nach Expertenmeinung von den Fraktionen der CDU, SPD und GAL als bewährt beurteilt wurde.
SPD: Wir möchten an der Umfrage nicht teilnehmen.
3. Wer bestimmt, welche Hunde gelistet werden?
DIE LINKE: Der Hamburger Senat. Die Hamburger Kriterien sind dabei völlig willkürlich.
FDP: Gesetze und Verordnungen, die die Gefährlichkeit von Hunden automatisch von der Rassezugehörigkeit ableiten, sind aus Sicht der FDP nicht geeignet, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. Es ist geboten, diese Regelungen und die daraus abgeleiteten Maßnahmen durch vernünftige Regelungen zum Schutz von Mensch und Tier zu ersetzen. Dazu gehören insbesondere individuelle Beurteilungen, das heißt ein Fach- und Sachkundenachweis der Halter und eine Wesensprüfung für Hunde. Selbstverständlich müssen die Menschen effektiv vor gefährlichen Hunden geschützt werden. Die Aggressivität der einzelnen Hunde ist jedoch in der Regel antrainiert und nicht in ihrer Rasse begründet.
GAL: Die Hunde, die im Hamburger Hundegesetz als gefährlich gelistet werden, werden dies aufgrund ihrer potentiellen Gefährdung durch Größe und Körpergewicht. Wir gehen nicht davon aus, dass Hunde per se aufgrund ihrer Rasse gefährlich sind. Wenn sie jedoch in falsche Hände geraten, können diese Hunde eine besondere Gefährdung für Menschen und andere Tiere darstellen. Deshalb sollten diese Hunde nur von sachkundigen Personen geführt werden. Wir finden, dass die potentielle Gefährdung durch die Beißkraft der Hunde, sowie die Statistiken über erfolgte Beißvorfälle das derzeit beste Instrument darstellen um ein Gefährdungspotential zu minimieren.
CDU: Der Gesetzgeber. Hierzu gab es eine Expertenempfehlung, die bundesweit erhoben wurde.
SPD: Wir möchten an der Umfrage nicht teilnehmen.
4. In Niedersachsen muss bald jeder Hund ab 20 Kilo einen Maulkorb tragen. Kommt dieser Vorschlag auch bald in Hamburg?
DIE LINKE: Wir wären strikt dagegen.
FDP: Pauschale Regelungen lehnt die FDP ab. Weder die Rasse, noch die Größe eines Hundes sind in der Vergangenheit verantwortlich für Unfälle mit Hunden gewesen. Anstelle einer generellen Maulkorbpflicht kann die Gefährlichkeit eines Hundes nur für den Einzelfall festgestellt werden und muss deshalb individuell geprüft werden.
GAL: Wir haben uns in Hamburg nach der Beratung mit Experten dafür entschieden das Gefährdungspotential eines Hundes aufgrund seiner Beißkraft und der statistischen Häufigkeit von Beißvorfällen zu bewerten (siehe Antwort 3). Daraus leitet sich auch die Notwendigkeit ab, dass diese Hunde einen Maulkorb tragen müssen. Freistellungen davon sind zudem möglich, wenn der Hund einen Wesenstest bestanden hat. Allen Hunden ab 20 Kilo per se einen Maulkorb zu verpassen, halten wir für Hamburg nicht für den richtigen Weg.
CDU: Gesetzesänderungen in anderen Ländern sind für uns nicht relevant.
SPD: Wir möchten an der Umfrage nicht teilnehmen.
5. In der Schweiz muss jeder Mensch laut Tierschutzgesetz vor Anschaffung eines Hundes eine theoretische Prüfung ablegen. Hat er die Theorie bestanden, darf er sich einen Hund anschaffen und muss eine praktische Prüfung ablegen. Ist das Schweizer Modell nicht auch bei uns eher angebracht?
DIE LINKE: Wir haben zurzeit den so genannten Hundeführerschein, das heißt die gesetzlich festgelegte Gehorsamsprüfung plus den Wesenstest. Problematisch daran ist, dass die Gehorsamsprüfung zwar aufzeigt, wie sehr der Halter seinen Hund unter Kontrolle hat, aber er fragt weder Verantwortungsbewusstsein noch Fachwissen über Hundehaltung ab. Eine theoretische und praktische Ausbildung wie in der Schweiz dient in erster Linie der Auseinandersetzung mit der Entscheidung, sich einen Hund anschaffen zu wollen, da das vierstündige Theorieseminar vermittelt, welches die alltäglichen Bedürfnisse eines Hundes sind und welche Kosten entstehen. Das ebenfalls vorgeschriebene Praxistraining kommt inhaltlich unserem Hundeführerschein sehr nahe. Daher stehen wir für eine Kombination der Systeme, wie bereits unser Antrag in der Hamburgischen Bürgerschaft unter § 3 Abs. 3 es vorsah. Man muss sich letztlich auf ein Modell verständigen. Das Problem sind aber nicht die Wesenstests, sondern dass es Hunde gibt, die von vornherein nicht zum Wesenstest zugelassen werden, weil sie ihn laut Gesetzgeber nicht bestehen können.
FDP: Der Ansatz ist insofern richtig, als dass er erkennt, dass es die Pflicht des Hundehalters ist, seinen Hund friedlich, verantwortungsbewusst und artgerecht im Sinne des Tierschutzes zu erziehen. Einen Sachkundenachweis für Hundehalter halten wir deshalb für richtig. Einen Eignungstest als verpflichtende Prüfung für alle wäre jedoch unverhältnismäßig, da die große Mehrheit der Hundehalter einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Tieren pflegt.
GAL: Wir haben in Hamburg den Weg gewählt, Verbesserungen für Hund und Halter zu schaffen, die sich bereit erklären, mit ihrem Hund einen Hundeführerschein abzulegen, beziehungsweise bei potentieller Gefährdung einen Wesenstest. Beim erfolgreichen Bestehen des Hundeführerscheins stehen deutlich mehr Freilaufflächen zur Verfügung als vorher. Wir wollen somit Anreize dafür schaffen, dass Hundehalter den Hundeführerschein ablegen. Damit geht schließlich auch einher, dass sie sich mit der artgerechten Haltung von Hunden auseinandersetzen.
CDU: siehe Antwort 5
SPD: Wir möchten an der Umfrage nicht teilnehmen.
6. Haben wir genügend Auslaufwiesen in Hamburg?
DIE LINKE: Die Auslaufwiesen sind ungleich auf das Stadtgebiet verteilt. Im Bezirk Eimsbüttel gibt es viel zu wenige, aber er ist auch am dichtesten besiedelt und auch der einzige Bezirk ohne ein Naturschutzgebiet. Wir wären dafür, dass es noch mehr Wiesen, Freizonen ohne Autos und Tempo 30-Zonen in der Stadt gibt, damit es insgesamt mehr Bewegungsfreiräume für Mensch und Tier gibt.
FDP: Solange die Leinenpflicht besteht müssen ausreichend Auslaufwiesen geschaffen werden. Dies muss für jeden Stadtteil einzeln genau geprüft werden.
GAL: Im Hamburger Hundegesetz ist festgelegt, dass ausreichend wohnortnahe Hundeauslaufzonen für alle Hunde eingerichtet werden. Hierbei ist das Ziel, mindestens eine Freilaufzone im Radius von zwei Kilometer vorzufinden. Für Halter und Hunde mit Hundeführerschein sind zahlreiche weitere Flächen vorhanden. Selbstverständlich wären weitere Flächen wünschenswert, allerdings hat eine Großstadt nur einen begrenzten Anteil an Grünflächen und es ergeben sich häufig Nutzungskonflikte. Dabei ist es etwa im näheren Umfeld von Spielplätzen sinnvoll, dass Hunde angeleint werden. Dies gilt auch für Naturschutzgebiete und andere Zonen, in denen Flora und Fauna empfindlich gestört werden könnten, etwa Tiere wie Bodenbrüter. In den Bezirken wurden alle Nutzungskonflikte genau abgewägt und anschließend Flächen ausgewiesen.
CDU: Dies liegt in der Entscheidung der Bezirke. Mit den vielen neuen Freilaufzonen sind aber für jeden Hamburger auch fußläufig erreichbare Flächen geschaffen, dem Hund freien Lauf zu ermöglichen.
SPD: Wir möchten an der Umfrage nicht teilnehmen.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von City Dog. Das komplette Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe City Dog 04/2009. Erhältlich am Zeitschriften-Kiosk und in ausgewählten Futtermärkten für 2,80 Euro.