Aus gegebenem Anlass

Seit sechs Jahren regelt in Hamburg ein Gesetz das Halten und Führen von Hunden in der Hansestadt, gegen das seither alle, die Hunde zu ihren Familienmitgliedern zählen oder Hunde lieben, Sturm laufen. Neben vielen anderen „Scheußlichkeiten“ sind es vor allem die beiden Rasselisten – die Staffordshire Terrier & Co. als unwiderlegbar gefährlich, Rotti und elf weitere Rassen als widerlegbar gefährlich einstufen – die die Hamburger Gesetzgebung für Hundeliebhaber ganz und gar unerträglich machen.

Seit dem bedauerlichen Vorfall in Wilhelmsburg, bei dem der kleine Volkan sein Leben verloren hat, haben die Medien ganze Arbeit geleistet, denn die Mär vom „bösen Kampfhund“ hat sich seither in den Köpfen von unbedarften Bürgern festgesetzt. Ohne eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung, haben Tierschützer und Hundefreunde aber keine Chance, dass die politisch Verantwortlichen jemals von ihren unsinnigen Rasselisten abrücken werden.

Deshalb zielt die Kampagne „Gerechtigkeit statt Diskriminierung“ vor allem auf diejenigen Bürger ab, die sich durch das Hamburger Hundegesetz bestätigt fühlen. Ihnen sollen die Augen geöffnet werden, welches Leid dieses Gesetz über Hunde der diffamierten Rassen gebracht hat und weiter bringen wird, wenn sich nicht endlich etwas ändert.

Für die Abschaffung der Rasselisten setzen sich bundesweit unterschiedlichste Vereine und Organisationen ein. Alle mussten bislang die bittere Erfahrung machen, dass die Hoffnung, es gäbe auf politischer Ebene so etwas wie vernunftbegabte Entscheidungen, wenn es um das Thema Rasselisten geht,  illusorisch ist.

Ganz besonders hier in Hamburg. Unzählige Gespräche mit den politischen Entscheidungsträgern im Gesundheitsausschuss – abgesehen von Abgeordneten der FDP und der Linken – legen den Schluss nahe, dass man hier in Hamburg am liebsten alles so beließe wie es ist, schließlich habe sich das Gesetz in den sechs Jahren seiner Gültigkeit bewährt. Allenfalls für kleine Änderungen, die dem Gesetz seine überschießenden Tendenzen nehmen würden, finden sich unter den Abgeordneten Befürworter, die auch bereit sind, sich für deren Umsetzung einzusetzen.

Statt also die derzeit leider noch immer unrealistische Forderung nach einer Abschaffung der Rasselisten in den Focus zu stellen, haben sich Hamburger Tierschutzverein und Hunde-Lobby anlässlich der diesjährigen Evaluierung des Hamburger Hundegesetzes mit ihrem Positionspapier auf zwei Kernforderungen konzentriert. Neben der Freigabe der Grünanlagen für nach § 9 leinenbefreite Hunde, zielen die Vereine nicht auf eine Änderung des § 2 sondern des § 18 ab. Sollten Bürgerschaft und Senat dieser Forderung folgen, könnten zukünftig auch Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Pittbull ihre vermutete Gefährlichkeit mit einem Wesenstest widerlegen, so dass sie wie jeder andere Hund in Hamburg gehalten werden könnten – ohne Maulkorbzwang, ohne Haltungserlaubnis, ohne berechtigtes Interesse und ohne eine überhöhte Hundesteuer.

Kritiker dieses Weges müssen sich daher die Frage gefallen lassen, ob es im Interesse der Hunde sinnvoll ist, auf alles oder nichts zu setzen oder ob man sich auch damit arrangieren kann, zunächst die Situation der hier und jetzt betroffenen Hunde tatsächlich ein Stück weit zu verbessern, indem sie erstmals in Hamburg wieder leben könnten wie jeder andere Hund dieser Stadt. Diese Hunde haben nämlich keine Zeit, nochmals ein halbes Hundeleben lang oder länger auf die Abschaffung der Rasselisten zu warten.

Kommentare sind geschlossen.